Wird es jetzt richtig teuer für Netflix? Aktionäre verklagen Streaming-Gigant

Eine Gruppe von Netflix-Aktionären hat vor einem Gericht in Kalifornien (USA) Klage eingereicht, in der das Unternehmen beschuldigt wird, den Markt über seine Fähigkeit, weiterhin Abonnenten zu generieren, in die Irre geführt hat.

Man möchte meinen, wer an der Börse spekuliert, der muss mit Verlusten rechnen. Dem ist auch so. Jedoch beeinflussen Unternehmen mit ihrer Kommunikation an die Aktionäre deren Einkaufsverhalten. Wenn die in Aussicht gestellten Zahlen überhaupt nicht mehr mit der Realität in Einklang gebracht werden können, so kann ein Unternehmen in Haftung gezogen werden. Genau das versuchen jetzt mehrere Aktionäre in den USA, die durch den enormen Kursverlust von Netflix große Verluste hinnehmen mussten.

Netflix verliert erstmals Abonnenten

Netflix war für ein ganzes Jahrzehnt eine der beliebtesten Tech-Aktien am Markt. Für das Unternehmen schien es nur einen Weg zu geben – nach oben. Mit dem Beginn der Corona-Pandemie, schossen die Abonnentenzahlen, parallel zum Aktienkurs in die Höhe und ein Ende schien nicht in Sicht. Netflix gab im April 2022 bekannt, dass das Unternehmen das erste Mal in 10 Jahren einen Abonnentenrückgang erlitten hatte. Im ersten Quartal 2022 trennten sich 200.000 zahlende Kunden von Netflix. Im Prinzip kein Problem, jedoch lagen die Schätzungen des Unternehmens im davor liegenden Quartal ganz klar auf Wachstum. Selbst mit den 700.000 verlorenen Abonnenten durch den Wegfall des Russland-Geschäfts, hätte Netflix das letzte Quartal mit einem Abonnentenwachstum abschließen müssen.

Netflix verliert über 70 Prozent an der Börse

Diese verfehlten Schätzungen zum Abonnentenwachstum sowie die Aussicht auf weitere 2 Millionen Abonnenten, die sich im laufenden Quartal von Netflix trennen könnten, ließen die Aktie in den letzten Wochen um rund 45 Prozent einbrechen. Im Vergleich zum Allzeithoch im November 2021 mit 609 Euro hatte die Aktie sogar satte 71 Prozent eingebüßt und steht derzeit bei um die 177 Euro. In der Klageschrift, die Reuters vorliegt, wird den CEOs Reed Hastings und Ted Sarandos sowie CFO Spencer Neumann vorgeworfen, „nicht offengelegt zu haben, dass sich sein Wachstum angesichts des zunehmenden Wettbewerbs verlangsamt und dass es auf Nettobasis Abonnenten verliert“.

Neuheiten im Mai 2022 auf Netflix
Netflix-Abonnenten sind sicherlich recht treu, jedoch locken viele Mitbewerber mit teils hochwertig produzierten Filmen und Serien. 

Weiter heißt es: „Infolge dieser im wesentlichen falschen und/oder irreführenden Aussagen und/oder Versäumnisse bei der Offenlegung wurden die Wertpapiere von Netflix während des Sammelklagezeitraums zu künstlich überhöhten Preisen gehandelt… Der Kläger und andere Mitglieder der Sammelklägergruppe haben die Wertpapiere von Netflix gekauft oder anderweitig erworben, indem sie sich auf die Integrität des Marktpreises der Wertpapiere des Unternehmens und der Marktinformationen in Bezug auf Netflix verlassen haben, und wurden dadurch geschädigt.“

Die Klage wird von einem Treuhänder des Imperium Irrevocable Trust geleitet, der Investoren vertritt, die zwischen dem 19. Oktober 2021 und dem 19. April 2022 Aktien von Netflix gekauft haben. Es ist nicht bekannt, welche Verluste die Kläger zu beklagen haben, jedoch könnten diese bei einem Kursverlust zwischen 45 und 71 Prozent gerne mehrere Millionen, wenn nicht sogar Milliarden $US betragen. So eine brisante Klage kann sich gerne mehrere Monate oder gar Jahre hinziehen. Eine offene Verhandlung, bei der es um Schadensersatzforderungen geht, belastet das angeschlagene Unternehmen jedoch zusätzlich und dürfte Investoren eher abschrecken.

Dominic Jahn
Dominic Jahn
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15 Kommentare
  1. In Amerika kann man doch alles und jeden verklagen,nur klagen gegen die eigene geldgier und krenzenlose Dummheit wurden noch nicht verhandelt.

  2. Sehe keinen Grund in Panik zu verfallen, nur weil Aktionäre wieder mal utopische Vorstellungen von der Welt haben. Das sind nur geldgierige Aasgeier, denen es nicht um die Sache geht, sondern nur um das Geld. Manchmal läuft halt die Welt nicht nach Plan A, und die aktuelle wirtschaftliche und politische Situation machen es da nicht besser.
    Netflix wird deswegen nicht gleich den Löffel abgeben und selbst wenn, dann kommt irgendein anderer, der den Laden aufkauft. Dann bekommt halt der dann mein Geld.

    • Naja, geht es Netflix nicht auch durchweg um das Geld und nicht um die Sache? Das Unternehmen hat ja alles dafür getan, ungesund zu wachsen. Man muss leider in Betracht ziehen, dass sich die Zeiten auch wirklich drastisch geändert haben. Vor allem der Faktor Konkurrenz war vor 5 Jahren noch nicht so präsent wie jetzt. Netflix wird es sicherlich weiter geben in der ein oder anderen Form. Ich vermute jedoch, dass doch viele Nutzer wechseln werden und Streaming-Erstlinge zu anderen Services tendieren. Allein der Preis für das Premium-Abo ist mehr als 50% teurer als z.B. bei Disney+, HBO Max oder Paramount+.

      • Natürlich geht es Netflix auch ums Geld und haben als ein an der Börse notiertes Unternehmen deshalb auch keine Wahl.
        Dennoch sehe ich einen Unterschied zwischen Netflix und den geldgierigen Börsianern. Wie du schon selber sagst, die letzten Jahre waren recht ereignisreich und ist es immer noch: zunehmende Konkurrenz, Corona, Inflation und Krieg. Dass durch die Corona-Krise die Abozahlen gestiegen sind, hätte vorher niemand erahnen können (also für die Aktionäre ein positiv unerwartetes Ereignis). Andersherum aber schon, dass dies keine endlose Steigerung mit sich bringt und mit Abnahme Corona-Auswirkungen auch die Abozahlen wieder sinken werden. Die Inflation und der Krieg drücken jetzt zusätzlich, ebenso wie die wachsende Konkurrenz. Keine Ahnung, was Netflix den Aktionären wirklich zu irgendeinem Zeitpunkt versprochen hat, aber jeder sieht doch was gerade los ist. Aus meiner Sicht ist das Rosinenpickerei der Anklagenden: den Gewinn in guten Zeiten nimmt man mit, aber bei Verlust klagt man sich heraus und ruiniert eventuell wissentlich ein Unternehmen.
        Netflix hat sicherlich diverse Fehlentscheidungen gemacht, aber sehe den schwarzen Peter dann doch eher woanders.
        Nach wie vor sehe ich aus dem ganzen keine Nachteile für den Streaming-Konsumenten, eher das Gegenteil: alle relevanten Streaming-Services werden bald weltweit am Start sein und wollen natürlich ganz oben mitspielen. Wer zu teuer und/oder zu unkreativ ist, wird da nicht mithalten können. Zu dem sehe ich auch keinen Verlust an Content, sollte es mal einen wirklich endgültig erwischen und dann übernommen werden. Denn die Erweiterung der jeweiligen Bibliotheken steht ja auch überall ganz oben.

  3. Bei den ganzen und noch kommenden Streaming Diensten wird sich ein Streaming Tourissmus einnisten.
    Alle Streaming Dienste werden dann mal für einen Monat gebucht und dann wieder gekündigt.
    Es wird bald alles so Fragmentiert sein, dass es für die meisten kaum anderst möglich ist.

    • Wird auch endlich Zeit, dass der Streaming Tourismus mehr Schwung aufnimmt. Das größte Problem sind ja die Leute die meinen, dass sie 100 Abos gleichzeitig brauchen und dann über die hohen Preise jammern.

  4. Und da haben wir ihn, den ersten großen Streaming-Service, der sich ernsthaft in Schwierigkeiten gebracht hat, weil das Geschäftsmodell zu wachstumsabhängig ist.
    Wie hier schon einige gesagt haben, sind diese Streaming-Anbieter nicht die Felsen in der Brandung, für die Viele sie halten.
    Wer eine physische Mediensammlung zugunsten von Streaming losgeworden ist, könnte das bald sehr bereuen.

    • Ich sehe immer noch eine apokalyptische Streaming-Szenarien. Und sehe auch keinen Grund, immer wieder ROM-Fanatiker gegen Streaming-Fanatiker aufzuhetzen. Jeder kann das nutzen warauf er Bock, ohne jedesmal die Missionarsschiene zu fahren.

        • Natürlich scheint ein Kompromiss meistens eine kluge Entscheidung zu sein, aber deine oberlehrerhafte Aussage „Wer eine physische Mediensammlung zugunsten von Streaming losgeworden ist, könnte das bald sehr bereuen“ bringt hier niemandem etwas. Was glaubst du denn passiert jetzt oder in naher Zukunft, so dass deine Aussage tatsächlich Realität wird?

            • Welchen Fehler? Noch gibt es keinen Fehler.
              Aus meiner Sicht, ist die Gefahr nicht gegeben, dass ein etablierter Streaming-Dienst so vor die Hunde geht und all seinen Content mit ins Nirvana zieht, so dass es nicht über einen anderen Dienst machbar wäre.
              Andere Szenarien, in denen Streaming-Dienste künstlich beschnitten werden, so dass sich das Anschauen nicht mehr lohnt oder sogar komplett verboten werden, halte ich ebenso für abwegig. Falls ich doch mal in solch einem Land dann leben sollte, dann hab ich glaube ich andere Probleme, als meiner Disc-Sammlung hinterher zu trauern.

            • Ja, es ist unwahrscheinlich, dass es so schlimm kommt. Aber ausgeschlossen ist jetzt nichts mehr. Das gilt natürlich auch für das andere Extrem.

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