Inhalt (65%)
Stieg Larsson hatte zu seinen Lebzeiten (unter anderem) drei Romane verfasst, deren Veröffentlichung der im November 2004 verstorbene Journalist und Autor nicht mehr erleben sollte. Ursprünglich auf zehn Teile angelegt, vollendete er nur drei und diese wurden postum bekannt unter der Millennium-Trilogie. Deren schwedische Verfilmung mit Michael Nyqvist und Noomi Rapace in den Hauptrollen kam hierzulande dann ab Oktober 2009 in Kinos und legte den Grundstein für die nachhaltige Beliebtheit des schwedischen Krimis (auch) in Deutschland. 2011 sorgte David Fincher dann für einen Neuaufguss des ersten Teils fürs US-Publikum. Zwar liegen noch drei weitere Romane in ihrer Rohfassung vor, doch die Rechteinhaber (unter anderem Larssons Bruder und Vater) schließen aus, dass diese jemals von einem anderen Autoren fertiggestellt werden.
Verschwörung basiert deshalb auf einer literarischen Vorlage von David Lagercranth, der diese mit dem Segen der Nachlassverwalter von Larsson geschrieben und veröffentlicht hat. Wir haben es also eher mit einem „sanften“ Reboot als mit einer Fortführung der bisherigen drei Teile zu tun.
Doch das muss ja nichts Schlimmes sein. Allerdings sollte man sich als Fan der ersten drei Filme ein wenig von deren Atmosphäre lösen. Denn Fede Alvarez lässt Lisbeth Salander in Verschwörung ein bisschen zur Actionheldin im James-Bond-Modus mutieren. Wenn sie mit ihrem Zweirad über eine vereiste Wasserfläche donnert, um der Polizei zu entwischen, dann hat das mit der jungen Hackerin aus der Millennium-Trilogie (und deren Verfilmungen) nur noch wenig zu tun. Was allerdings nicht an der Hauptdarstellerin liegt. Nach Noomi Rapace und Rooney Mara darf nun Claire Foy die Rolle der taffen Hackerin mit Feminismus-Attitüde geben. Der Mut, sie zu besetzen hat sich gelohnt. Denn in ihren Augen spiegelt sich durchaus der Geist der geschundenen und hart gewordenen Salander-Seele wider.
Hart ist ein gutes Stichwort. Denn sowohl die dunkle Atmosphäre, die schon mal an Hannibal erinnert (und das nicht nur wegen der Gesichtsmaske) als auch die grafische Gewalt sind ziemlich erbarmungslos. Das Vorgehen der Killer schreckt nicht vor Kopfschüssen zurück und außer ein paar wenigen Momenten im Zusammenspiel mit Balders Sohn (Stichwort: Lamborghini) bleibt das Ganze auch weitgehend humorfrei.
Und so ist Verschwörung ein thematisch und seitens der zahlreichen Charaktere hin und wieder etwas überfrachteter Film, dessen initiale Story-Auslösung kaum Bedeutung erhält. Doch wenn man das eben nicht zwingend unter dem Aspekt betrachtet, das gleiche erzählerische Niveau wie in der ursprünglichen Trilogie zu erhalten, kann man 120 Minuten auch weniger spannend zubringen. Denn was Alvarez und sein Kameramann Pedro Luque hier in Sachen Bildgestaltung abgeliefert haben, ist schon klasse. Und das ganz unabhängig davon, ob man sich auf den verschneiten Straßen Stockholms, in kühlen Loftgebäuden oder in abgerockten Ruinen bewegt. Und wenn die James-Bond-Reihe mal einen neuen Mann auf dem Regiestuhl braucht, hat er sich hier zumindest ein wenig ins Gespräch gebracht. Schade ist allerdings, dass die Rolle des Mikael Blomkvist praktisch nicht stattfindet. Die Konzentration liegt ganz eindeutig auf Salander. Besonders ärgerlich ist das, weil die durchaus dramatischen Entwicklungen in Mikaels Redaktion nach einer kurzen Erwähnung überhaupt nicht mehr aufgegriffen werden. Unter diesen Aspekten hätte man sich dieses Detail dann auch sparen können.
- Claire Foy, Sverrir Gudnason, Sylvia Hoeks (Schauspieler)
- Fede Alvarez(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 16 Jahren
Bildqualität (90%)
Verschwörung wurde hauptsächlich mit der Arri Alexa 65 im Open-Gate-Mode bei voller Chip-Auflösung von 6560×3102 Pixeln aufgenommen. Von dem gemischten Material wurde dann ein 4K-Digital-Intermediate gezogen, sodass die UHD weitgehend nativ in 4K vorliegt (ausgenommen wenige Szenen, die mit der Alexa Mini gefilmt wurden). Hinzu kommt ein im Rahmen von Rec.2020 erweiterter Farbraum sowie die höhere Bilddynamik – allerdings nur mit statischem HDR10.
Tja, wo das Bild der Blu-ray schon nicht zu den hellsten gehört, ist jenes der UHD dann noch mal dunkler. Der Stimmung des düsteren Actionthrillers wird nochmals stärker unterstützt. Gleichzeitig ist das Schwarz in den Nachtshots auf Stockholm beeindruckender, lässt aber bei Resthelligkeit gegenüber der Blu-ray ein wenig nach. Hier hebt HDR10 die Details in dunklen Szenen eher etwas an, was für einen gleichförmigeren und nicht ganz so harten Look sorgt. Die Farbgebung ist weitgehend identisch – einzig Hauttöne sind ein wenig wärmer und wirken natürlicher.
Extrem gut gerät dann die tatsächliche Auflösung der Scheibe. Wo die Blu-ray schon scharf war, setzt die UHD in jeder Situation noch eins drauf. Die Antenne am Redaktionsgebäude, die Wimpern in Close-ups oder die fantastisch definierte 6,5K-Nachtaufnahme von Stockholm. Das ist insgesamt Detailtiefe auf ganz hohem Niveau. Gerade während der Nachtaufnahme sieht man punktuelle Lichter von Fahrzeugen, Ampeln oder Laternen, die über die Blu-ray zwar gut aussehen, im direkten Vergleich aber fast ausreißen und schwammig wirken. Spätestens beim Close-up von Sylvia Hoeks im Profil meint man, es mit einer hoch aufgelösten Modefotografie zu tun zu haben – fantastisch. Wären nicht die leichten Mängel, die teilweise den Schwarzwert etwas runterziehen sowie das in Teilen arg dunkle Bild, würde Verschwörung in jede Referenzkiste gehören.
- Claire Foy, Sverrir Gudnason, Sylvia Hoeks (Schauspieler)
- Fede Alvarez(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 16 Jahren
Tonqualität (85%)
Verschwörungkommt fürs Deutsche in dts-HD-Master-Kodierung. Und das klingt durchaus beeindruckend. Nimmt man die wuchtige Explosion in der 24. Minute könnte zwar der Sub hier noch kräftiger zupacken, aber die Surroundkulisse ist sensationell gut. Dazu rauscht der Ton zu keiner Zeit – auch nicht in den ganz leisen Passagen. Diese Dynamik zwischen lauten und leisen Situationen sorgt bisweilen für Gänsehaut – und das, obwohl es hier nicht pausenlos kracht und bummt. Allerdings lässt genau das Spielraum für heraus stechende Sounds wie das Abfeuern der schallgedämpften Waffe nach 48 Minuten, was richtig satt im Heimkino landet. Ebenso satt wie die Einzelschüsse aus der großkalibrigen Gun im Finale, die nicht nur die Schergen wuchtig aus dem Weg räumen, sondern auch das Sofa erzittern lassen. Und dann gibt es noch diesen gewaltigen Hochgeschwindigkeits-Unfall kurz vor Schluss, der mal so richtig die Fetzen fliegen lässt.
Der Originalsound liegt hingegen in Dolby Atmos vor. Während die reguläre Ebene praktisch identisch zum dts-HD-Master-Sound tönt, gesellt sich mit den Heights die Höhenebene hinzu. Und die ist von Beginn an schon mal deshalb aktiv, da sie die Filmmusik komplett mit einbezieht. Im Intro weht außerdem schon der Wind beim Fall vom Balkon massiv aus allen Speakern. Hängt dann der Typ nach sieben Minuten von der Decke, knirscht der Strick hörbar von oben. Atmosphäre kommt auch immer dann auf, wenn Protagonisten durch große Büros oder auf Flughäfen wandern und die Stimmen der Angestellten von den Decken widerhallen.
Vor und während der Explosion setzt es dann auch zahlreiche Sounds aus der Höhe (ab 23’30), auch wenn nicht alle absolut logisch auch von dort oben kommen sollten – was übrigens auch für den Regen nach 39 Minuten gilt, der mal wieder inkorrekterweise aus den Heights zu hören ist. Immerhin passt das Gewittergrollen, das gleichzeitig stattfindet. Einen der deutlichsten 3D-Soundeffekte gibt’s dann nach knapp 90 Minuten, wenn es in den Rohren zu dampfen und rumoren beginnt. Unweigerlich schaut man dann nach oben und fühlt sich mittendrin.
Alles in allem ist das nicht sonderlich viel, was aber daran liegt, dass der Film eben nicht mit pausenloser Action um sich wirft. Die Qualität der Sounds indes ist wirklich gut.
- Deutsch: DTS HD-MASTER (85%) 2D-Betrachtung
- Englisch: Dolby Atmos (85%) 2D-Betrachtung
- Englisch: Dolby Atmos (50%) 3D-Betrachtung (Quantität)
- Englisch: Dolby Atmos (70%) 3D-Betrachtung (Qualität)
Bonus (60%)
Das Bonusmaterial von Verschwörung wartet zunächst mit einem Audiokommentar vom Regisseur und seinem Drehbuchautor auf. Des Weiteren findet man acht entfallene Szenen und vier Featurettes: In „Claire Foy: Lisbeth werden“ geht es ausschließlich um die Hauptdarstellerin. Foy gibt zum Besten, warum sie ausgerechnet in diese Rolle schlüpfen wollte, was sie mit der Lisbeth-Salander-Reihe verbindet. „Alles über die Stunts“ klärt über die zahlreichen praktischen Stunts auf. „Die Welt schaffen“ ist ein Making-of mit gut 16 Minuten Laufzeit. Hier schildern Regisseur und Produzenten, welche Chance sie gerade aufgrund des vierten Romans sahen und warum sie nicht einfach ein weiteres Remake eines der anderen Teile realisierten. „Geheimnisse der Salander-Schwestern“ führt hinter die gute und dunkle Seite der Geschwister. Dieses Feature sollte man sich aufsparen, bis man den Film gesehen hat.
Gesamtbewertung Verschwörung (80%)
Lisbeth Salander entert zum fünften Mal (US-Remake von Teil I eingeschlossen) das Heimkino. Wer die Story und den Film innerhalb des Millennium-Kanons verortet sehen möchte, wird zweifelsohne eine leichte Enttäuschung erleben. Ganz anders dürfte es sich für diejenigen darstellen, denen der schwedische Dreiteiler zu verkopft war und die sich mehr Thrill und Action erhoffen. Denn als harter Thriller funktioniert Verschwörung durchaus. UHD und Blu-ray sind dabei mustergültige Demo-Disks für (fast) hyperreale Schärfe und Detailauflösung in Close-ups. Der Atmos-Soundtrack des englischen O-Tons kann gezielte Akzente setzen und wirkt rundum atmosphärisch, obwohl die rein quantitative Anzahl an echten 3D-Soundeffekten filmbedingt nicht allzu groß ist.
- Claire Foy, Sverrir Gudnason, Sylvia Hoeks (Schauspieler)
- Fede Alvarez(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 16 Jahren
Technische Details & Ausstattung:
Erscheinungstermin: | 06. Juni 2019 | Review am: | 16. Juni 2019 |
Erscheinungsjahr Film: | 2018 | Laufzeit: | 115 Minuten |
Filmstudio: | Sony Pictures | FSK: | ab 16 Jahre |
Auflösung / Bildfrequenz: |
2160p @ 24p | Untertitel: |
Deutsch, Englisch |
Bildformat: |
2.35:1 / 16:9 | Tonspur: |
DTS HD-MASTER 5.1 Englisch Dolby Atmos |
High Dynamic Range: |
HDR 10 | Ausstattung: |
4K Blu-ray HD Blu-ray |
Testgerät TV: | LG OLED55B7D | Testgerät Player: | Panasonic UB9004 |
Verschwörung Trailer:
Transparenz: Dieser Artikel enthält Affiliate-Links. Wenn ihr auf diese klickt, werdet ihr direkt zum jeweiligen Anbieter weitergeleitet. Falls ihr einen Kauf tätigt, bekommen wir eine geringe Provision. Für euch bleibt der Preis unverändert. Vielen Dank für eure Unterstützung!