Top Gun auf 4K Blu-ray im Test: Fliegeraction in nie gesehener Qualität

Inhalt (60%)

Der folgende Text ist mit einem gewissen Augenzwinkern zu verstehen:
Kaum ein (Einzel)Film der 80er genießt heute einen ähnlichen Status unter Fans wie Top Gun. Tony Scott traf damals ganz offenbar den Nerv der Zeit und des Publikums, als er den aufstrebenden Star Tom Cruise in einem Actioner besetzte, der wohl der offensichtlichste Werbefilm für die US-Navy war, der seit dem Vietnam-Krieg gedreht wurde. Endlich durfte man Militär wieder cool finden. Denn das war es, was Scott (der Werbefilmer) inszenierte: Coole Action mit noch cooleren Einstellungen MITTEN aus den Cockpits der echten Maschinen. Mit Kameras, die auf den Tragflächen montiert waren und ballettartigen Szenen zwischen US- und russischen Jets. Das war’s wohl auch, was für ein fantastisches Einspiel von 360 Mio. Dollar (bei 15 Mio. Dollar Budget) sorgte. Denn am ausgeklügelten Drehbuch oder gar sympathischen Figuren kann’s nicht gelegen haben.

Halten wir fest: Maverick ist ein Arsch. Ein verantwortungsloser Macho-Arsch, der einer Dame auf die Toilette hinterher rennt, obwohl die gerade klar gemacht hatte, dass er bei ihr nicht landen würde. Und er ist nicht der einzige, sich selbst überschätzende Testosteron-Prolet in Top Gun. Nein, eigentlich wirken sie allesamt, als hätten sie gerade ihr Bärenfell abgelegt und wären aus irgendeiner Höhle gekrochen, damit sie nun den Nebenbuhler um die flotteste Dame (und den besten Flieger) mit der Keule vertreiben können.

Tom Cruise wie wir und alle Kinder der 80er lieben

Permanent Kaugummi kauend oder wahlweise mit freiem Oberkörper umherlaufend beeindruckte das Mitte der 80er wohl die versammelte Damenschaft – oder zumindest dachte man das, als man den Film produzierte. So richtig sexy macht die Jungs aber erst der überinflationäre Gebrauch von Blumenspritzen, mit denen man literweise Schweiß auf Stirn, Nacken und Brustbereich der Protagonisten versprühte. Gibt’s eigentlich einen Film, in dem mehr geschwitzt wird als in Top Gun? Oder soll der Schweiß auf den Gesichtern vielleicht nur von den Dialogen ablenken? Dialoge, die mit Sätzen wie „Sie haben die Tochter unseres Generals angebumst“ wirklich das Fürchten lernen und um Machosprüche bis zum Erbrechen ergänzt werden: „Ich warte immer noch auf eine Schnecke, die mich richtig scharf macht.“

Ja, das sind die 80er, zweifelsohne. Und das Drehbuch kennt nicht wirklich mehr als: „besser sein“, „noch besser sein“ oder „der Beste sein“. Vielleicht geht’s auch noch ein bisschen um „der Schnellste sein“ und um die „Abschussquote“ (in der Luft, aber vor allem bei den Mädels) und dazu gibt’s alberne Spitznamen wie IcemanWolfman oder Goose – im Ernst? Goose?? Welcher harte Kerl, der bei der Navy zum Top-Piloten avanciert, nennt sich mit stolzer Brust „Gans“? Und wenn man denkt, es kommt nicht mehr schlimmer, singen die harten Kerle auch noch eine Fremdschäm-Version von You’ve Lost that Loving Feelin‘ der Righteous Brothers. An Charlies Stelle hätte man eigentlich nur Reißaus nehmen sollen.

Im Actionkino der 80er gab’s eine Menge Szenen zum Fremdschämen

Eigentlich ist es zwingend notwendig, mit Top Gun Jugend-Erinnerungen zu teilen. Ihn objektiv und im Jahre 2020 erstmalig zu sehen, geht nicht ohne einen Hang zum Masochismus und der Freude an trashigen Drehbüchern. Teilt man diese Erinnerungen, kommen Bilder hoch, wie jenes, dass Take my Breath Away von Berlin monatelang in den Radios rauf- und runterdudelte, während man seine erste Schulfreundin knutschte. Man erinnert sich, wie man zu Danger Zone bei Jugendhaus-Partys die lange Mähne schüttelte und irgendwie wollte man(n) auch so cool und verschmitzt lächeln wie Tom Cruise. Da das nicht klappte, blieb nur der wiederholte Gang ins Kino und das späteren Leihen der VHS-Kassette. Um erneut einzutauchen in diesen schwer machohaften Filmtrip, dessen Stil damals bahnbrechend war und bis auf Weiteres das Testosteronkino der 80er und 90er beeinflusst hat.

Ein guter Film ist Top Gun wirklich nicht, bei aller Liebe zu den Erinnerungen an die Zeit der Vokuhilas und blondierten Mecki-Frisuren. Aber irgendwie kann man sich der Faszination der Luft- und Jetszenen auch nicht entziehen. Und wenn im Hintergrund Harold Faltermeyers ebenso aus der Zeit gefallene Synthie-Soundtrack dudelt, sitzt man doch irgendwie wieder in einem verrauchten Kleinstadtkino und träumt davon, genauso cool zu sein wie Maverick & Co.

Angebot
Top Gun (4K Ultra HD) (+ BR) [Blu-ray]
  • Cruise, Tom, Kilmer, Val, McGillis, Kelly (Schauspieler)
  • Scott, Tony (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 12 Jahren

Bildqualität (80%)

Top Gun wurde für sein 4K-Release komplett neu gescannt. Es handelt sich nicht mehr um den hochauflösenden Scan, den man seinerzeit für die 3D-Fassung erstellte. Vom Original-35mm-Negativ, das mit Panaflex-Kameras aufgenommen wurde, arbeitete man hier und ließ dem so aufbereiteten Material ein 4K DI angedeihen. Hinzu kommt ein erhöhter Kontrastumfang nach HDR10 und dynamischem Dolby Vision sowie ein im Rahmen von Rec.2020 erweiterter Farbraum. Der Blu-ray kam dieses Master ebenfalls zugute, was bei ihr bereits eine Verbesserung in allen Belangen liefert. Die bisherige BD war massiv überschärft, litt unter teils brutalem Absaufen von Details auf dunklen Bildbereichen und hatte viel zu kühle Farben. All das sieht schon über die neue Blu-ray um Welten besser aus.

Für die UHD kam im Gegensatz zu anderen Titeln grundsätzlich erst einmal kein automatisches DNR (Rauschfilter) zum Einsatz. Denn die Körnung wirkt filmisch und natürlich. Sie ist aber auch teils sehr deutlich. Das sollten Leute wissen, die Korn nicht mögen. Das neue Color Grading ist wesentlich wärmer, und viel weniger bläulich-kühl (2009er Blu-ray) oder grünlich (3D-BD). Es dominieren nun rötliche und sehr gesunde Farbtöne, die dem von Scott seinerzeit (wohl) intendiertem Look am nächsten kommen. Solche, die sich an die Kinovorführungen erinnern, werden noch die goldbraunen Farben im Kopf haben, die nun wieder hergestellt wurden. Neutral ist das nicht, so viel sollte klar sein. Aber Neutralität ist auch nicht das, was der Film wollte.

Die neue Blu-ray und die UHD zeichnen auf dunklen Bildanteilen viel besser durch

Schaut man sich die Körnung gegenüber der Blu-ray an, so ist die durchweg feiner und etwas weniger auffällig. Allerdings sind das fast schon die größten Unterschiede zwischen den beiden neuen Scheiben. Beim Kontrast geht’s noch eine Spur dynamischer zu, die Farben kommen etwas satter. In puncto Schärfe/Auflösung ist die BD bereits aber so gut, dass es durch die vorhandene Körnung oftmals schwierig, entscheidend mehr Details auszumachen. Man muss auf die Bildhintergründe achten und sieht dann klarere und feinere Details von Palmwedeln oder Haus-Konturen, die hinter den Figuren und Objekten stehen.

Angebot
Top Gun (4K Ultra HD) (+ BR) [Blu-ray]
  • Cruise, Tom, Kilmer, Val, McGillis, Kelly (Schauspieler)
  • Scott, Tony (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 12 Jahren

Tonqualität (80%)

Die bisherige Blu-ray hatte einen äußerst dünn und vielfach spitz klingenden 2.0-Sound in Dolby Digital. Die Kodierung bleibt zwar für die neue Blu-ray und die UHD dieselbe (Dolby Digital), aber nun mit einer komplett frischen Abmischung in 5.1. Erstmals liegt Top Gun für die Synchro damit in einer Surround-Abmischung vor, während die englische Fassung sogar mit True-HD-basiertem Dolby Atmos kommt. Für die deutsche DD-5.1-Version darf, wenn man sie nicht DIREKT mit der englischen Fassung vergleicht, gesagt werden, dass sie die Räumlichkeit durchaus gut ausnutzt. Im Bass brummelt sie zwar etwas undifferenzierter vor sich hin, aber die Filmmusik bekommt durchaus entsprechende Unterstützung. Die zahlreichen Jagdszenen in der Luft werden wirklich effektvoll und teils sehr dynamisch unterstützt und Stimmen haben nun mehr Volumen. Wenngleich das mit der englischen Fassung nicht gleichziehen kann, ist es ein deutlich hörbares Upgrade gegenüber der alten BD.

Die Düsengeräusche kommen in der neuen 5.1-Abmischung viel besser zur Geltung

Die englische Atmos-Fassung überzeugt auf der regulären Ebene mit wunderbar offener Räumlichkeit. Kein Vergleich mehr zur alten True-HD-Spur der bisherigen Blu-ray, die eher muffig klang. Das ist also nicht die gleiche Basis, die hier verwendet wurde, sondern ein neuer Mix. Er kommt in seiner Offenheit an die bisherige dts-HD-Master-Spur heran, klingt aber differenzierter und weniger aufgeregt. Dialoge stehen noch etwas besser im Zentrum und die Soundeffekte der Jets sind etwas weniger spitz. Mancher Dialog in Innenräumen ist dann aber doch ein bisschen dünn, beispielsweise ab 81’25. Auch rauscht es dort ein wenig. Nach wie vor nicht behoben ist die Asynchronität zu Beginn von Kapitel 14. Das war allerdings auch bei den beiden Tonspuren der alten Blu-ray so, da hier hörbar nachsynchronisiert wurde. Beim Wechsel der Szene ist die Stimme von Stinger wieder viel präsenter und klarer.

Pack schlägt sich, Pack verträgt sich

Nehmen wir die Höhen-Ebene hinzu, steigert sich der Score während des Intros bereits langsam hinzu und man hört dezente Düsengeräusche und Kopfhörer-Durchsagen. Auch die Düsengeräusche vor dem Start bei 3’53 kommen akustisch korrekt positioniert aus den Heights. Ähnliches gilt beständig für die Flugszenen der Düsenjets, die immer wieder sehr deutlich auch von oben hinzu kommen und authentische Pfeifgeräusche von sich geben. Die komplette Anfangssequenz ist immer wieder voll davon. Und nach neun Minuten kommen auch noch die Gespräche der Piloten hinzu.

Nach 56 Minuten, wenn’s erneut in die Cockpits geht, gibt es für über zehn Minuten während der erneuten Szenen in der Luft immer wieder das Rauschen, Pfeifen und entsprechende Geräusche der Jets von den Höhen-Speakern, was besonders aggressiv wird, wenn Goose‘ und Mavericks Flieger ins Trudeln gerät. Bisweilen ist das wirklich so dynamisch und laut von den Heights, dass man sich auf einem Flughafen wähnt. Das trifft dann spätestens im actiongeladenen Finale zu, wenn es erneut minutenlang Jet-Manöver mit entsprechender Akustik von allen Speakern gibt. Insgesamt ein gut abgemischter Atmos-Ton, der natürlich von den Flugszenen lebt und ansonsten keinerlei Extras an 3D-Sounds bietet.

  • Deutsch: Dolby Digital (80%)
  • Englisch: Dolby Atmos (90%) 2D-Betrachtung
  • Englisch: Dolby Atmos (70%) 3D-Betrachtung (Quantität)
  • Englisch: Dolby Atmos (80%) 3D-Betrachtung (Qualität)

Bonus (90%)

Top Gun kommt auf der UHD mit zwei neuen Extras, die neben den bisher bekannten auf die Blu-ray gepackt wurden. Auch die UHD enthält bereits diese Featurettes, nicht aber die altbekannten. Neu sind „Das Vermächtnis von Top Gun“ und „Auf sechs Uhr: Dreißig Jahre Top Gun“. In Ersterem tauchen Bruckheimer, Cruise oder auch der Regisseur des kommenden Top Gun Maverick, Joseph Kosinski, sowie die kommenden Darsteller des Sequels auf und erzählen von der Vision Tony Scotts und vom Einfluss, den der Film auf das 80er-Jahre-Kino hatte.

Neu ist auch das zweite Featurette, das in fünf Teile aufgegliedert ist: „Rückblick“ kümmert sich vor allem um Tom Cruise und seine Filmleidenschaft. Außerdem gibt’s Infos über Tony Scotts Art und Weise, Filme zu drehen. „Die besten Amerikas“ klärt über die Mitarbeit des US-Militärs auf und kümmert sich auch um das Casting. „In die Gefahrenzone“ hätte man besser nicht eingedeutscht, denn es geht um die Musik. Und wer übersetzt schon den Titel „Into the Danger Zone“ von Kenny Loggins? „An die Decke gehen“ bezieht sich hingegen auf die Arbeit und die Kommunikation mit den echten Fliegern auf dem Flugzeugträger. „Enge Ziele und die Zukunft“ kümmert sich dann erneut um den Einfluss, den der Film hatte und schildert dessen weltweiten Erfolg. Auch auf das kommende Sequel wird noch einmal eingegangen. Die restlichen Features sind dann jene, die man schon von der alten BD kennt.

Gesamtbewertung Top Gun  (73%)

Top Gun ist für Fans. Wer das bisher nicht war, wird’s wohl mit der neuen BD/UHD auch nicht werden. Dafür ist der Film aus heutiger Sicht einfach zu albern. Allerdings ist er gleichzeitig wegweisend in Optik, Stil und Musiknutzung gewesen und die Luft-Action ist immer noch famos. Da man das Ganze nun in bestmöglicher Bildqualität erleben kann und der Ton trotz „nur“ Dolby Digital erstmals in mit neuer und gelungener Abmischung kommt, lohnt sich das Upgrade auf jeden Fall. Der englische Atmos-Score reißt für einen Film der 80er erstaunlich viel und macht auf allen Ebenen Spaß.

Angebot
Top Gun (4K Ultra HD) (+ BR) [Blu-ray]
  • Cruise, Tom, Kilmer, Val, McGillis, Kelly (Schauspieler)
  • Scott, Tony (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 12 Jahren

Technische Details & Ausstattung:

Erscheinungstermin: 02. Juli 2020 Review am: 07. Juli 2020
Erscheinungsjahr Film: 1986 Laufzeit: 109 Minuten
Filmstudio: Paramount FSK: ab 12 Jahre
Auflösung / Bildfrequenz:
2160p @ 24p Untertitel:
Deutsch, Englisch
Bildformat:
2,39:1 / 16:9 Tonspur:
Deutsch Dolby Digital
Englisch Dolby Atmos
High Dynamic Range:
HDR 10
Dolby Vision
Ausstattung:
4K Blu-ray
HD Blu-ray

Top Gun Trailer:

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Timo Wolters
Timo Wolters
Der echte Filmfan bleibt im Heimkino: Das Bild ist besser, der Sound unmittelbarer und die Sitznachbarn angenehmer - Timo rezensiert seit 2002 mit Leidenschaft (fast) durch alle Genres. Aktuelle Rezensionen findest du auf blu-ray-rezensionen.net
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2 Kommentare
  1. werbe film der us. navy. musik und junger tom c. sind gut.film gegen die bösen russen der in die rote flut und 3 welt krieg endet. (WAS FÜR EINE LOGIK ) es ist nicht alles gut was aus usa kommt

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