John Carpenter zeigt in „The Thing“ (Das Ding), wie man mit minimalen Mitteln eine beklemmende Atmosphäre erschafft und den Zuschauer in Dauerspannung versetzt. Unser Test der 4K Blu-ray zeigt, dass das Setup immer noch funktioniert!
Inhalt (90%)
Irgendwann im Herbst 1988: Ein 37cm-Röhren-TV, ein VHS-Rekorder und ein (erwachsener) Bekannter, der schon nach zehn Minuten einschlief. Exakt das ist die Ausgangssituation, in der ich mich als 13-jähriger damals befand. In Sachen Altersfreigabe vollkommen ungeeignet und in puncto Filmgenuss bis dato eher von Taran und der Zauberkessel vergruselt worden, offenbarte sich mir in den folgenden 110 Minuten ein Erlebnis, das ich bis heute nicht vergessen habe. Während wir heutzutage scheinbar nicht mal mehr in Filme eintauchen können, die gigantischen Bombast auf drei Meter Bildbreite mit zehn Lautsprechern präsentieren, reichte dieses minimale, technisch aus heutiger Sicht vollkommen antiquierte Setup aus, um eine Atmosphäre und Spannung zu erzeugen, die ich bis heute nur selten wieder erlebt habe – wenn überhaupt.
Vielleicht war aber genau diese Ausgangssituation ideal. Denn ohne zu wissen, was die internationale Kritik sechs Jahre zuvor über Carpenters Folgewerk zu Die Klapperschlange gesagt und geschrieben hatte, war ich komplett unvoreingenommen. Und ich hätte ehrlich gesagt auch milde gelächelt, wenn ich gewusst hätte, dass das Lexikon des internationalen Films geschrieben hatte: „… doch angesichts der damit produzierten Ekelszenen, Blutorgien und Leichensezierereien mag man solche Trickkunst kaum würdigen. Carpenter begnügt sich mit der Sensation. Innere Spannung und ironische Brechungen kommen zu kurz.“
Tja, manchmal liegen sie halt doch falsch, die Herren Kritiker. Bei Carpenter war es gleich mehrfach so und im Falle von Das Ding aus einer anderen Welt strafte sie das spätere Publikum auch Lügen. Einer aus diesem Publikum war übrigens Quentin Tarantino und seine Emotionen mit The Thing dürften sich mit vielen Zuschauern decken:
„The Thing was probably the one movie of all the individual films that I’ve seen that influenced [Reservoir] Dogs the most, because in some ways it’s the same idea. You have a bunch of guys trapped in a situation that they can’t get out of, in a very claustrophobic situation where nobody can trust anybody. It scared the living hell out of me. The thing about it is, the tension and the anxiety and the claustrophobia and the fear and the distrust that was running around those men came straight out into the movie theatre.“
Und wenn Tarantino das sagt, kann’s so falsch vielleicht ja nicht sein. Zwar war die Verfilmung der Erzählung „Who Goes There“ von John W. Campbell jr. auch im Kino kein Erfolg, aber Im Nachgang umso mehr. The Thing dürfte in den 80ern einer der am häufigsten ausgeliehen Filme in den Videotheken gewesen sein. Und das vollkommen zu Recht. Denn der vom Lexikon monierte „Spannungsmangel“ kann nur beanstandet werden, wenn man sich offenbar einzig auf die Splatter-Effekte konzentriert. Natürlich verfehlten auch diese ihre Wirkung nicht. Immerhin handelt es sich bei den Masken und Prothesen von Rob Bottin um die extrovertiertesten, die das Kino bis dato (und eigentlich auch danach) gesehen hatte.
Wer natürlich nur im Blick hat, dass die erste Verfilmung des Stoffes von 1951 mit einem Schattenwesen und weitgehend ohne Gewalt realisiert wurde, vermisst vielleicht die subtile Art. Denn subtil war Carpenter sicher nicht. Seinem Film aber Spannungsmangel vorzuwerfen, ist fast zynisch. Denn schon die grundsätzliche Situation in der beengten Station, von der es keine Flucht gibt, sorgt für Thrill. Dass dann das große Misstrauen ausbricht, sorgt gar für nervenzerrende Momente. Als MacReady gegen Ende die teils gefesselten Kollegen testet, hätte man das kaum packender gestalten können. Alleine diese Sequenz gehört zu den spannendsten Momenten des 80er-Jahre-Kinos. Dazu dann die Suspense, die davon ausgeht, dass der Zuschauer immer etwas früher ahnt, aus wem es als nächstes ausbricht – und schon hat man jeden Kritiker von damals auf den Boden der Tatsachen geholt.
Ein weiterer Vorwurf war die angeblich mangelnde Charaktertiefe. Mangelnd? Das muss man dann mal ins Verhältnis mit einem der aktuelleren Blockbuster setzen. Gegen heutige Produktionen liefert Das Ding aus einer anderen Welt geradezu philosophisch tiefgründige Charaktere. Und alle sind während des Films und bleiben auch danach noch greifbar und im Gedächtnis. Auch, weil sie individuell und stark besetzt sind. Und das nicht nur in Carpenters damaligem Lieblingsdarsteller Kurt Russell. Das komplette Ensemble agiert glaubwürdig und selbst in ihren Verwandlungen kann man sie noch wiedererkennen – ein Verdienst der genialen Masken von Bottin. Um dann doch noch darauf zu sprechen zu kommen: Was er hier in einer Vielzahl an Körperverwandlungs-/Bodyhorror-Szenen realisierte, sucht noch heute seinesgleichen. Ob es die eingefrorenen und schon mutierten Leichen auf der norwegischen Basis sind oder die Live-Action-Verwandlungen in der US-Station im späteren Verlauf. Mehr Kreativität sah man zuvor nie und auch später eher selten. Und wenn man heute Szenen wie den Reanimationsversuch anschaut, der zum Einbrechen des Oberkörpers von Vance führt, ist das immer noch ein äußerst wirkungsvoller, ja schockierender Effekt.
- Thomsen, Ulrich, Winstead, Mary Elizabeth, Edgerton, Joel (Schauspieler)
- Carpenter, John(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 16 Jahren
Bildqualität (85%)
Wie oben erwähnt, wurde von The Thing im Jahre 2017 bereits ein 4K Scan angefertigt, der auch als Vorlage für die Turbine Blu-ray genommen wurde. Universal dürfte gut daran getan haben, sich ebenfalls diesen Scan zu schnappen, um darauf basierend ein neues Grading mit HDR10 und erweitertem Farbraum zu erstellen. Ausgehend vom auf 35-mm-Filmmaterial gedrehten Carpenter-Horror hat man nun die Körnung absolut authentisch restauriert. Nahezu jeder Schmutzpartikel und Störstreifen gehört der Geschichte an und das Bild sah nie echter und griffiger aus als jetzt. Und das gilt auch in Abgrenzung zur Turbine-Blu-ray.
Zwar war diese der alten Blu-ray bereits um Längen überlegen, doch gegenüber der zusätzlichen Auflösung und vor allem der Bilddynamik hat die Turbine-Scheibe hier das Nachsehen. Denn die UHD-BD von Das Ding ist vor allem eins: Wirklich kontrastark. Und das ohne Übertreibung oder zu brutales HDR. Wer sich aber mal den weißen Schnee rund um die Station bei Tageslicht anschaut, der will nie wieder in die gräulich-schmuddelige Masse zurück die von der alten Blu-ray präsentiert wurde. Die Schneeflächen strahlen im Gegensatz zur alten Blu-ray und wirken richtig gleißend, ohne zu überkontrastieren. Dazu ist auch die Durchzeichnung im Dunklen besser. Denn wo man zuvor kaum etwas auf Schattenbereichen erkennen konnte, ist nun noch Detailzeichnung vorhanden. Gerade die Innenraumszenen profitieren maßgeblich vom HDR-Grading.
Während die generelle Farbgebung in den Außenszenen kühler ist (was explizit so von Carpenter und Kameramann Dean Cundey freigegeben wurde) als über die seltsam warm gestimmte, alte Blu-ray und Innenraum-Sequenzen eine authentische Wärme haben, ist die Universal-UHD-BD gerade in Innenräumen kontraststärker als die teils etwas zu hell abgestimmte Turbine-BD.
Die Fein- und Tiefen-Auflösung setzt sich dann wiederum Galaxien von der alten Blu-ray ab, kann aber auch die Turbine-Full-HD-BD noch in die Schranken verweisen. Wenn man beispielsweise bei 38’03 auf der Plakette im Hubschrauber noch Wörter und Zahlen lesen kann, wo die alte Blu-ray nur undefinierten Matsch abbildete, dann kann man sich sicher sein, die bisher bestmögliche Bildqualität für Carpenters The Thing zu bekommen. Zumal die Farbintensität und -differenzierung der Blut- und Bodytransforming-Effekte wirklich klasse geworden ist. Da machen die gruseligen Maskeneffekte gleich doppelt so viel Spaß. Von vorne bis hinten eine wirklich überzeugende 4K-Umsetzung.
- Thomsen, Ulrich, Winstead, Mary Elizabeth, Edgerton, Joel (Schauspieler)
- Carpenter, John(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 16 Jahren
Tonqualität (70%)
Für die UHD Blu-ray hat Universal sowohl fürs Englische als auch fürs Deutsche einen DTS:X-Mix angefertigt. Also auf dem Papier die alte DTS-Fassung der alten Blu-ray upgegradet. Schade nur, dass auch die alten Fehler wieder mit an Bord sind. So ist auch die DTS:X-Synchro teilweise asynchron und es fehlen wieder die zwei Sätze, die Turbine für die 2019er Blu-ray eingefügt hatte. Man sieht also: Die Turbine-Tonspur wurde von Universal nicht angefragt/übernommen.
Es wurde aus der alten Universal-Fassung ein neuer Mix erstellt, der immerhin nicht unter den Phasing-/Phasenverschiebungseffekten des Turbine-5.1-Mixes leidet. Und der insgesamt auch räumlicher klingt als die alte DTS-Fassung. Wirklich dynamisch oder kräftig wird er deshalb aber noch nicht. Gegenüber der alten DTS-Mischung hat er zwar etwas mehr Präsenz und ist auch etwas lauter eingepegelt, aber die Konzentration wurde offenbar auf eine höhere Räumlichkeit gelegt, was man gut wahrnehmen kann, wenn man sich die Geräuscheffekte auf den Rearspeakern im Vergleich zur alten DTS-Version anhört.
Wechselt man auf die englische DTS:X-Fassung, so klingen deren Geräusche noch einmal etwas authentischer und präziser. Wird Glas zerbrochen, ist das klanglich sauberer und besser aufgelöst. Rennt Windows den Flur entlang, klingen seine Schritte fester und “echter”. Beide DTS:X-Spuren bieten hier und da etwas Basseinsatz, wenn die Musik mehr Drama macht oder auch der Hubschrauber in der Nähe der Kamera landet. Wenden wir uns der Höhen-Ebene zu, die bei einer DTS:X-Spur mit einbezogen wurde.
Schon die Geräuscheffekte während der Titeleinblendung werden mit Höhen-Effekten belegt und natürlich auch der Helikopter zu Beginn. Und das klingt gar nicht mal so übel, wenn man bedenkt, dass es sich um einen Upmix handeln (müsste). Zum Teil ist es schon fast etwas zu viel, was da von den Heights passiert. Nicht jeder Soundeffekt (bspw. splitterndes Glas auf der Kameraebene oder Schüsse, die ebenfalls auf Höhe der Kamera passieren) ist korrekt gesetzt, was einen simplen Upmix nur noch wahrscheinlicher macht, da es ein wenig den Anschein macht, als wäre eine große Menge der regulären Surroundeffekte nach oben gewandert.
- Deutsch: Dolby Atmos (70%) 2D-Betrachtung
- Englisch: Dolby Atmos (75%) 2D-Betrachtung
- Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (60%) 3D-Betrachtung (Quantität)
- Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (60%) 3D-Betrachtung (Qualität)
Bonus (50%)
Das Bonusmaterial war vor zwei Jahren natürlich eine Bank, bei der Special Edition von Turbine. Für die UHD Blu-ray gibt’s jetzt das (schon ziemlich betagte, aber dennoch spannende) 83-minütige Featurette: “John Carpenters The Thing: Der Terror nimmt Gestalt an” sowie verpatzte Szenen, den Original Trailer und den Filmkommentar mit Carpenter und Russell.
Gesamtbewertung The Thing (82%)
John Carpenters The Thing – Das Ding aus einer anderen Welt ist nach wie vor ein absolut packender Horrorschocker, der nicht nur von seinen genialen Masken lebt, sondern die Figuren allesamt ausreichend vorstellt und vertieft. Aus heutiger Sicht kann man ihn nur als Klassiker bezeichnen – selbst wenn das vor vierzig Jahren kaum einer ahnen konnte oder wollte.
Die 4K UHD Blu-ray zeigt den Film nun in bisher ungesehener Qualität. Sowohl die Restaurierung des ursprünglichen Filmkorns als auch die Schärfe, Farbgebung und Kontrastierung sind hervorragend gelungen. Gleiches kann man auch für die Räumlichkeit der beiden DTS:X-Tonspuren sagen. Leider nur mit der bereits bekannten Asynchronität einiger Stellen beim deutschen Ton sowie zweier fehlender Sätze.
- Thomsen, Ulrich, Winstead, Mary Elizabeth, Edgerton, Joel (Schauspieler)
- Carpenter, John(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 16 Jahren
Technische Details & Ausstattung:
Erscheinungstermin: | 23. September 2021 | Review am: | 25. Oktober 2021 |
Erscheinungsjahr Film: | 1982 | Laufzeit: | 109 Minuten |
Filmstudio: | Universal | FSK: | ab 16 Jahre |
Auflösung / Bildfrequenz: |
2160p @ 24p | Untertitel: |
Deutsch, Englisch |
Bildformat: |
2.39:1 / 16:9 | Tonspur: |
Deutsch DTS:X Englisch DTS:X |
High Dynamic Range: |
HDR 10 | Ausstattung: |
4K Blu-ray HD Blu-ray |
Testgerät TV: | LG OLED55B7D | Testgerät Player: | Panasonic UB9004 |
The Thing Trailer:
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Kann ich nur Bestätigen. Eine EXZELLENTE UHD voller Farbenpracht und Detail-Schärfe wie nie zuvor. Jeden Rappen Wert. Wieso schaffen es einige so grossartig einen Film zu restaurieren und andere versagen auf ganzer Länge ? Was zum Teil geboten wird und sich auch noch UHD 4K nennt ist eine Frechheit. Diese miesen Scheiben sollten öffentlich an den Pranger gestellt werden mit dem Vermerk – ABZOCKE. Lieber Gruss aus der Schweiz