TEST: Pulp Fiction auf 4K UHD Blu-ray – Tarantinos ewiges Meisterwerk

Jetzt im Test: Pulp Fiction auf 4K Ultra HD Blu-ray! Lange haben wir auf die Restauration von Tarantinos Meisterwerk warten müssen. Unser Test verrät, ob sich die 4K Blu-ray von Pulp Fiction lohnt!

Inhalt (100%)

Quentin Tarantino hat gezeigt, dass er es kann. Mit Hilfe von Harvey Keitel und Richard N. Gladstein hat er sein Kinodebüt Reservoir Dogs weitgehend allein realisiert. Die Konzentration auf das Wesentliche, nämlich die Charaktere des Films und das gleichzeitige Weglassen dessen, was jeder andere Regisseur ausgenutzt hätte, macht den Film aus. Das wurde von Kritikern weltweit erkannt. Obwohl man sich keine große Marketingkampagne für Reservoir Dogs leistete, hat der Film fast das Doppelte seiner Produktionskosten wieder eingespielt – auch weil er nicht zimperlich mit Gewalt umging. Der Regisseur, der seit seiner Kindheit zu einem der größten Filmfans der Welt herangewachsen ist, hat bewusst grafische Bilder mit sarkastischem Humor kombiniert und das Ganze mit der coolsten Musik unterlegt, die der historische Plattenschrank hergibt. Im Anschluss haben ihn große Major-Studios angesprochen die ihm unter anderem die Regie für „Speed“ oder „Men in Black“ angeboten hatten – gut, dass er diese Angebote ausgeschlagen hat.

Pumkin und Honeybunny in der ersten Sequenz von Pulp Fiction
Spontane Ideen sind die besten
Denn Quentin Tarantino hatte bereits eine neue Geschichte im Kopf. Und diese sollte bestätigen, was er mit seinem ersten Film angedeutet hatte. Oder, aus der anderen Perspektive betrachtet: Alle Kritiker, die Reservoir Dogs als Eintagsfliege betrachteten, Lügen strafen. Pulp Fiction kam in die Kinos und das Ergebnis war ein Meisterwerk. Ein junger Drehbuchschreiber benötigt gerade einmal einen Film, um sich die Finger zu lockern, bevor er mit seinem Folgewerk etwas abliefert, das als Instant-Kultfilm in die Geschichte eingeht.
Und das zu Recht. Mit seiner erneut nicht-linearen Erzählweise schafft Pulp Fiction etwas, das sonst nur gute Buchautoren hinbekommen: Einzelne Situationen auf einen bestimmten Punkt hinsteuern und (teilweise) kurz vor der Klimax die Kurve zu einem anderen Handlungsteil vollziehen, nur um dort die Spannung ebenfalls zu erhöhen und die Stränge dann unglaublich elegant zusammenzuführen. Pulp Fiction ist zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jedem Winkel absolutes perfektes Erzählkino. Dass sich Tarantino mit seinem zweiten Film zweieinhalb Stunden Zeit lässt, wird von einigen Unverbesserlichen als Arroganz angesehen haben.
Jules und Vince sind einfach die coolsten - Pulp Fiction 4K Bu-ray Test
Mit Jules und Vince legt man sich besser nicht an
Umso erstaunlicher, dass Miramax, das Studio der beiden Weinstein-Brüder, die Produktion übernahm. Denn kurz zuvor war der Independent von Disney erworben worden. Die Weinsteins ließen sich auch nicht davon beeindrucken, dass die Bosse von TriStar das Drehbuch zuvor als „zu geistesgestört“ abgelehnt hatten. Mit 8,5 Mio. Dollar Budget ging man ins Rennen und erwirtschaftete weltweit rund 200 Mio. Dollar – ein riesiger Erfolg, der durch die frühzeitige Auszeichnung mit der Goldenen Palme von Cannes sowie das fast einhellige Kritikerlob noch befeuert wurde. Ein Grund, warum man die Ausgaben so kostengünstig halten konnte, war übrigens die gleichmäßige Bezahlung der Hauptdarsteller – sie bekamen 20.000 Dollar/Woche. Geradezu lächerliche Gagen, wenn man bedenkt, dass selbst Hauptakteur Travolta „nur“ sieben Wochen Drehzeit hatte.
Womit wir bei den Darstellern sind. Schon in Reservoir Dogs bewies Tarantino ein absolut glückliches Händchen, doch in Pulp Fiction steigerte er das noch einmal. Ja, Bruce Willis mag damals der bekannteste Name gewesen sein, doch witzigerweise ist es nicht Willis, der hier für die besonders denkwürdigen Momente sorgt. Das sind dann doch eher Uma Thurman und John Travolta. Und just dieser Travolta war vor Pulp Fiction mehr oder weniger in die Untiefen der B-Movies versunken, nachdem er in den 70ern und 80ern durch sein Mitwirken in Tanzfilmen so berühmt geworden war. Viele hatten ihn nach dem zweiten Kuck mal, wer da spricht Sequel bereits abgeschrieben. Tarantino erkannte das nach wie vor vorhandene Potenzial in dem Akteur, wollte ihn aber eigentlich für From Dusk Till Dawn, während Michael Madsen für den Part des Vincent vorgesehen war. Doch nach einem langen Gespräch zwischen den beiden besetzte Tarantino Travolta konsequent gegen den Strich. Heraus kam die coolste Filmrolle der 90er. Punkt.
Jeder Charakter perfekt ausgearbeitet: Hier Mia Wallace (Pulp Fiction 4K Blu-ray)
Mia Wallace ist eine gefährliche Ausgeh-Partnerin
Ihm zur Seite stellte er Uma Thurman, deren Karriere seinerzeit noch in den Kinderschuhen steckte und die nach dieser Kultrolle vollends durchstartete. In den gemeinsamen Szenen der beiden brennt die Leinwand – und das, weil beide Figuren einfach unfassbar cool sind. Nicht, weil sie unnötig romantisiert werden. Dass ein Samuel L. Jackson als Killer-Partner von John Travoltas Figur dazu die großartigsten Sätze in den Mund gelegt bekommt, zeigt, wie grandios das Drehbuch geschrieben ist. Selbstredend integrierte Tarantino erneut sensationelle Filmmusik, ließ erst gar keinen Score komponieren, da er alle relevanten Szenen mit Songs unterlegte.
Alleine diese Musikstücke reichen aus, um sich durch die Popkultur zu zitieren. Doch die Songs sind nur ein Aspekt. Praktisch der ganze Film ist eine Hommage an Hollywood und damit ist nicht nur Travoltas Tanz gemeint (den Tarantino übrigens an Godards Filme angelegt haben möchte, nicht an Travoltas Saturday Night Live). Travoltas Rolle ist so etwas wie eine Selbstreferenz an seine Karriere und man könnte ewig so weitermachen. Kein Wunder, dass US-Kritiker/-Herausgeber Gary Groth Tarantino mal als „filmischen Kleptomanen“ beschrieben hat.
Ikonische Tanzszene in Pulp Fiction
Tanzen kann John immer noch
Einer also, der sich munter durch die Filmhistorie „klaut“. Natürlich ist das zu kurz gegriffen und komprimiert nur zugespitzt, was Tarantino kann wie kein anderer: Aus bekannten Versatzstücken etwas Höchsteigenes und extrem Kreatives zu kreieren. Pulp Fiction ist trotz aller Verweise auf berühmte Vorbilder (alleine der Gang durch das Jack Rabbit Slim’s ist eine Retrospektive der Kino- und Popkultur der 50er) kein bloßes Sammelsurium an zusammengeklauten Motiven. Abseits der Zitate erschafft Tarantino selbst ikonische Bilder, die sich unlöschbar ins Gedächtnis des Filmfans gebrannt haben.
Beispielsweise das Close-up auf Uma Thurmans Mund und das Mikro, während sie über das Intercom mit John Travolta kommuniziert. Nicht weiter benennen muss man das Ausleben seines Fuß-Fetischs, dem er schon in Pulp Fiction ausgiebig frönt. Uma Thurmans Gang zum Plattenspieler gehört deshalb ebenso zu den Szenen, an denen man den Film sofort erkennt. Auch hier könnte man ewig weitermachen und käme irgendwann sicherlich auch zu Samuel L. Jacksons berühmtester Szene, in der er Hesekiel 25:17 zitiert oder zu der Szene, in der sich im Auto während der Fahrt ungewollt ein Schuss löst oder oder oder …
Pulp Fiction - Steelbook
  • Limitiertes Steelbook
  • John Travolta, Samuel L. Jackson, Uma Thurman (Schauspieler)
  • Quentin Tarantino (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren

Bildqualität (85%)

Pulp Fiction wurde 1994 mit analogen Kameras auf 35-mm-Film gedreht. Zum Einsatz kamen Kameras vom Typ Arriflex 35-III, Panavision Panaflex Gold II, Panavision Lightweight und Panavision Platinum. Erwähnenswert ist, dass er auf 50er ASA-Filmmaterial gedreht, dem langsamsten Material, das es gibt – vor allem aus dem Grund, dass es ein nahezu kornfreies und glänzendes Ergebnis erzeugt. Dennoch filterte die Blu-ray davon noch einiges weg. Die UHD BD zeigt das Korn nun in seiner feinen filmischen Ursprungsform.

Es wird nie auffällig oder gar störend, sondern zeigt einfach ein sehr authentisch-analoges Bild. Dazu bot es die Möglichkeit für ein extrem scharfes Bild, solange der Fokus entsprechend saß. Manche Einstellungen sind wirklich sensationell knackig (Ving Rhames bei 95’02). Ein Indiz, das hier tatsächlich ein komplett neuer Scan vom Original-Filmmaterial vorgenommen wurde. „Indiz“ deshalb, weil der Bildausschnitt schon sehr ähnlich zu jenem der bisherigen Blu-ray ist und es keine ausmachbaren Differenzen gibt. Nimmt man sich aber erneut die Strommasten und -leitungen bei 93’52, so wird in der Tiefe dann doch sehr deutlich, welche Scheibe hier besser auflöst.

Die 4K Blu-ray von Pulp Fiction ist visuell defintiv besser aufgestellt
Kontraste und Farben kann die 4K-Scheibe viel dynamischer

Wo die Blu-ray Leitungen irgendwann in mangelnder Auflösung und Filterung auflöst, kommen sie hier zum Vorschein. Laufen zwei Leitungen nahe beieinander, kann man sie differenzieren, während die BD sie zu einem einzigen Strang verklumpt. Hier und da hat die BD zudem Probleme bei Aufblendungen nach einer schwarzen Kapitelansage, womit die UHD Blu-ray souveräner umgeht. Farben kommen durchweg kräftiger zum Betrachter, der Grauschleier der Blu-ray ist beseitigt und Kontraste sind nun viel knackiger.

Klasse sind auch die Spitzlichter bei 54’48. Die Straßenlaternen bleiben bis in die Tiefe definiert(er), wo die Blu-ray die jeweils drei Leuchtmittel frühzeitig zu einem Ganzen verwischt. Außerdem sind sie sichtbar heller als über die Blu-ray. Geblieben sind leider der ab und an wackligen Bildstand und das leichte Helligkeitsflackern (82’45).

Pulp Fiction - Steelbook
  • Limitiertes Steelbook
  • John Travolta, Samuel L. Jackson, Uma Thurman (Schauspieler)
  • Quentin Tarantino (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren

Tonqualität (65%)

Akustisch wartete die Blu-ray mit DTS-HD-Master-Tonspuren auf, die weder im O-Ton, noch auf der deutschen Synchro Bäume ausreißen oder herausragend klingen. Die deutsche Fassung fügt etwas mehr Bass hinzu (gut hörbar im Opening Song „Misirlou“ von Dick Dale & The Del Tones), lässt ihn allerdings etwas unmotiviert vor sich hin brummeln. Die Surrounds bekommen in der Synchro etwas mehr als nur reinen Hall, was bei „Misirlou“ allerdings tonal nicht ausgewogen klingt. Der O-Ton allerdings tönt auf den hinteren Speakern dauerhaft, als stünde man in einer riesigen Kathedrale – unnatürlich verhallt.

Der Ton von Pulp Fiction schneidet in unserem Test am schlechtesten ab
Der Ton nutzt die Spuren der alten Blu-ray

Außerdem legt die englische Spur nicht mal die Schüsse von Vince und Jules mit auf die Rears, was in der deutschen Version durchaus gut klingt. Allerdings wiederum mit weniger Dynamik. Der O-Ton bleibt hier zwar frontal, aber während der Schüsse mit hörbar mehr Punch. Die beiden Fassungen klingen insgesamt sehr unterschiedlich und behandeln auch die einzelnen Speaker maximal anders. So kommt die Filmmusik im Original mehr aus den Mainspeakern, während der deutsche Ton sich auf den Center fokussiert. Stimmen werden über beide Sprachen verständlich reproduziert, könnten aber noch etwas mehr Volumen haben.

  • Deutsch: DTS HD-Master (65%)
  • Englisch: DTS HD-Master (70%)

Bonus (80%)

Der Hauptanteil vom Bonusmaterial liegt auf der Blu-ray und ist somit weitgehend bekannt. „Nicht das übliche Kennenlern-Gesülze“ läuft mit 45 Minuten angenehm lang und ist in seinen Interview-Schnipseln wirklich überraschend ehrlich. Weitere Featurettes schließen sich gemeinsam mit geschnittenen Szenen und Ausschnitten von unterschiedlichen Award-Verleihungen an. Drei der Featurettes finden sich parallel auch auf der UHD Blu-ray.

Gesamtbewertung Pulp Fiction (83%)

Wie gesagt: Gut, dass Tarantino die Angebote der großen Studios, Filme wie Speed oder Men in Black zu inszenieren, ausschlug. Wer weiß, in welche Richtung er dann gegangen wäre und ob er uns die grandiosen Hommagen an das Gangster-, Blacksploitation-, Samurai-, Spaghetti-Western- und WW-II-Kino dann überhaupt beschert hätte. Pulp Fiction jedenfalls gehört zu den ganz großen Filmen der Geschichte und besteht neben Klassikern wie Citizen Kane, die das Kino ebenso nachhaltig beeinflussten.

Schade, dass Tarantino nur noch einen Film drehen möchte – auch wenn das seinen Legenden-Status weiter zementieren wird, weil er sich nach wie vor nicht vor irgendeinen Karren spannen lässt. Schaut man sich seine bisherigen neun Filme an, muss man konstatieren, dass die Quote von Volltreffern bisher nur von einer Handvoll anderer Regisseure erreicht wurde. Dass der Kultfilm nun in der bestmöglichen Bildqualität vorliegt, ist das beste Argument ihn entweder erstmals oder einfach nochmals ins Regal zu stellen.

Pulp Fiction - Steelbook
  • Limitiertes Steelbook
  • John Travolta, Samuel L. Jackson, Uma Thurman (Schauspieler)
  • Quentin Tarantino (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren

Technische Details & Ausstattung:

Erscheinungstermin: 08. Dezember 2022 Review am: 21. Dezember 2022
Erscheinungsjahr Film: 1994 Laufzeit: 155 Minuten
Filmstudio: Paramount FSK: ab 16 Jahre
Auflösung / Bildfrequenz:
2160p @ 24p Untertitel:
Deutsch, Englisch
Bildformat:
2,35:1 / 16:9 Tonspur:
Deutsch DTS HD-Master
Deutsch DTS HD-Master
High Dynamic Range:
HDR 10
Dolby Vision
Ausstattung:
4K Blu-ray
HD Blu-ray
Testgerät TV: LG OLED55B7D Testgerät Player: Panasonic UB9004

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Timo Wolters
Timo Wolters
Der echte Filmfan bleibt im Heimkino: Das Bild ist besser, der Sound unmittelbarer und die Sitznachbarn angenehmer - Timo rezensiert seit 2002 mit Leidenschaft (fast) durch alle Genres. Aktuelle Rezensionen findest du auf blu-ray-rezensionen.net
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