Inhalt (90%)
Wenn es einen Fahrzeughersteller gab, der die legendären 24h-Rennen Anfang/Mitte der 60er auf den GT-Sportwagen dominierte, dann die roten Renner aus Maranello. Die GTs der Scuderia Ferrari machten mit der Konkurrenz, was sie wollten – unabhängig, ob mit Front- oder später die Prototypen mit Mittelmotorprinzip. Das allerdings sollte sich ändern, als die Ford Motor Company 1963 ein Abkommen mit dem Automobilherstellerverband kündigte, nach dem man nicht am Rennsport teilnehmen wollte. Henry Ford II wollte wieder in den Rennsport eingreifen. Zu diesem Zweck traten er und Lee Iacocca seinerzeit in Verhandlungen mit Enzo Ferrari über eine Übernahme des italienischen Traditionsherstellers. Am Ende scheiterte dies daran, dass Enzo die Kontrolle über die Motorsportabteilung behalten wollte, was Henry wiederum für nicht akzeptabel hielt. Ford entwickelte sein eigenes Rennteam. Und das unter Hochdruck. Denn nach den gescheiterten Verhandlungen wollte man nach 1963 möglichst schnell eigene Erfolge verbuchen.
1964 entscheidet sich Ford dann zur Kooperation mit dem ehemaligen Rennfahrer und Jetzt-Konstrukteur Carroll Shelby. Zwar ging auch dessen erste Konstruktion für Ford spektakulär in Flammen auf, doch das Besinnen auf eher konventionelle, dafür aber sehr professionalisierte Zusammenarbeit bewirkte, was Ford sich wünschte. Die GT40 wurden trotz ihrer immensen Leistung und dem großen Hubraum verlässlicher und erreichten Geschwindigkeiten, von denen Ferrari seinerzeit nur träumen konnte. Dies alles wäre vermutlich nicht möglich gewesen, wenn Shelby sich nicht auf eine Kooperation mit dem als Hitzkopf geltenden britischen Rennfahrer Ken Miles eingelassen hätte. Miles war es, dessen forsche Gangart Fahrzeug und Ford-Rennstall zu neuen, auch mal riskanten Höchstleistungen trieb.
Aus diesem Stoff hat James Mangold einen absolut packenden Film gemacht. Zweieinhalb Stunden nimmt er sich Zeit, einen stets ausgewogenen Mix aus wichtigen Fakten, rasanten Renn-Sequenzen und Vertiefung der Charaktere zu präsentieren. Weder kommen die historischen Hintergründe zu kurz, noch die typischen Eigenheiten der einzelnen Figuren. Le Mans 66 begeht zu keiner Zeit den Fehler, nur auf Show zu setzen. Gerade die Charakterisierung von Miles schafft einen tiefen Bezug zu ihm. Er, der hitzige und durchaus draufgängerische Rennfahrer, ist gleichzeitig auch ein liebender Vater und Ehemann. Vor allem aber ist er eins: leidenschaftlich. Er und Shelby stehen für die puren Emotionen und für die Seele des Rennsports, während die Geschäftsmacher im Hintergrund gerne den Erfolg haben möchten, sich dafür die Anzüge aber nicht schmutzig machen. Stetig befinden sich Miles und Shelby mit Ford II, Iacocca und vor allem Fords Renndirektor Leo Beebe im Clinch. Und obwohl das für den Film aufgeblasen und dramatisiert wurde, emotionalisiert es in höchstem Maße.
In Christian Bale und Matt Damon hat man hier dann auch die absolut beste Wahl für die beiden Hauptfiguren getroffen. Bale, der (mal wieder) massiv Gewicht verlor, um als hagerer Rennfahrer Ken Miles glaubhaft im engen Cockpit des GT40 zu erscheinen, findet stets die Nuancen zwischen Arroganz gegenüber ignoranten Sportwagenfahrern, Hitzköpfigkeit den Autoritäten und Verständnis seiner Familie gegenüber. Kein Wunder, dass er dafür für den Oscar nominiert war. Matt Damon steht ihm nur wenig nach, selbst wenn die Rolle des Carroll Shelby weniger stark entwickelt wurde. Gerade in den Anfangsszenen gehört ihm aber die Bühne, wenn er die letzten Wettkämpfe von Shelbys Rennfahrerkarriere bestreitet und dabei keinerlei Skrupel gegenüber seinem geschwächten Körper zeigt.
Die dritte Hauptfigur sind allerdings ohne Zweifel die Rennszenen. Was Le Mans 66 hier an Authentizität und Tempo erreicht, sucht im Rennwagen-Film seinesgleichen. Die stets aktive Kamera vermittelt eindrücklich, was für eine harte Arbeit Autorennen in der damaligen Zeit ohne elektrische Unterstützung gewesen ist. Knüppelharte Kulissen-Schaltungen, stehende Pedale, viel zu dünne Holzlenkräder und ein Cockpit, dessen Übersicht nicht mehr zulässt als eine gewöhnliche Schießscharte. Wie der Film diese Dynamik rüberbringt, ist einfach sensationell. Während des knapp 50-minütigen Showdowns in Le Mans wird man Zeuge davon, was Motorsport mal war. Und man bekommt diese Gänsehaut bis zum Schluss nicht mehr los. Auch deshalb, weil in den Rennszenen KEINE CGIs für die Fahrzeuge genutzt wurden und die Fahrzeuge bisweilen mit bis zu 150 mph über die Start-/ und Ziellinie brausten. Die Strecke selbst wurde in Teilen ebenso nachgebaut wie die meisten Fahrzeuge. Lediglich das Publikum wurde zur Erweiterung teilweise computeranimiert.
- Bale, Christian, Damon, Matt, Bernthal, Jon (Schauspieler)
- Mangold, James (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 12 Jahren
Bildqualität (90%)
Le Mans 66 wurde mit volldigitalen Kameras bei einer Auflösung von 4,5K aufgenommen. Während anfänglich noch von einem 2K Digital Intermediate die Rede war, wurde dies mittlerweile auf ein 4K DI korrigiert. Natürlich integrierte man auch einen im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum sowie die höhere Kontrastdynamik HDR10. Trotz einer eher niedrigen Datenrate, die oft im Bereich von besseren Blu-rays bleibt und nur selten über die 50 Mbps kommt; und trotz der Tatsache, dass der 153-minütige Film deshalb auf eine 66-GB-Disk passt, kann man dem Bild der UHD keine Vorwürfe machen. Es sei denn, man mag kein Korn. Denn gegenüber der im direkten Vergleich fast glattgebügelt wirkende Blu-ray wird über die UHD auf Hintergründen (bspw. dem Himmel) mehr Körnung sichtbar (70’40). Dafür fehlen die leichten Überschärfungen der BD, was das Bild insgesamt harmonischer aussehen lässt. Sieht man von dieser zwar sichtbaren, aber sehr filmischen Körnung ab, weiß vor allem die Schärfe zu gefallen. Close-ups von Gesichtern haben eine beeindruckende Detailtiefe und -darstellung.
Besonders herausragend sind die kräftigen Farben. Natürlich auch deshalb, weil die roten Ferraris ein Musterbeispiel für die Ausnutzung des erweiterten Farbraums darstellen. Was über die Blu-ray noch etwas orangerot ist, wird von der UHD mit sattem Kirschrot wiedergegeben – wunderbar. HDR tut seinen Dienst sichtbar während der Nachtszenen, da dort die Scheinwerfer und Lichter entlang der Strecken prägnanter und klarer abgegrenzt bleiben. Auch die sandigen Randbereiche der Strecken werden dynamischer und intensiver dargestellt. Doch dann ist da diese eine Szene, in der vollkommen unverständlicherweise die UHD im direkten Vergleich mit der BD wesentlich flacher, heller und kontrastärmer – ja fast milchig daher kommt (siehe Screenshot unten). Ob hier bewusst so gearbeitet wurde oder schlicht ein kurzer Fehler passiert ist, bleibt unklar. In Sachen Real 4K oder nicht gibt die UHD nur bedingt Aufschluss. Da die BD augenscheinlich etwas kontrastintensiver/nachgeschärfter ist, fehlt es schwer, selbst aus nahem Betrachtungsabstand einen immensen Vorteil bei der UHD zu finden. Beide Disks sehen aber sehr gut aufgelöst aus und die UHD hat einen wesentlich organischeren Look als die meisten 2K-DI-Ultra-HDs.
- Bale, Christian, Damon, Matt, Bernthal, Jon (Schauspieler)
- Mangold, James (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 12 Jahren
Tonqualität (95%)
Ja, es gibt wieder nur eine dts-Spur fürs Deutsche – typisch Fox eben. Aber was ist das für eine grandiose dts-Spur. Nimmt man alleine die direkte Anfangsszene, die schon während des noch schwarzen Bildschirms mit unglaublich räumlichen Stimmen und dem präsenten Kommentator beginnt, wird man nach einer Minute förmlich vom Sound des Aston Martin überfahren. Selten, wenn überhaupt, hat man derart wuchtig-dynamische Motorengeräusche ins Heimkino übertragen bekommen. Das ist Gänsehaut-Feeling pur für jeden Petrolhead. Die darauf folgenden Dialoge haben erstaunlich viel Fundament, was für den einen oder anderen Center sogar schon mal etwas zu dick aufgetragen wirken könnte. Womit wir aber quasi bei der einzigen Kritik sind, die man dem Ton von Le Mans 1966 machen kann. Springen wir in das finale Rennen in Le Mans, gibt es ein gut 20-minütiges! Fest aus Dynamik, Wucht, Präzision und Effektreichtum.
Immer wieder sind es die höchst authentisch erscheinenden Motorengeräusche, die es so heute einfach nicht mehr gibt und die ein Erlebnis sondergleichen produzieren. Wenn die Fahrzeuge dann in die Heuballen dreschen und der Staub, Dreck und Sand sich über die Kamera ergießt, bleibt genug Zeit für den Ton, dieses Geschehen fein gezeichnet darzustellen – gefolgt von immenser Wucht, wenn die Fahrzeuge ineinander prallen. Wird das Rennen dann durch den Regen aufgemischt, kann man förmlich riechen, wie nass die Straßen geworden sind. Alles klingt dann noch rassiger. Selbst wenn die ganz großen Attacken aus dem Subwoofer ausbleiben und der eine oder andere Crash vielleicht etwas zu spitz klingt – das ist ganz großes Klang-Kino selbst mit der eigentlich datenreduzierten Spur. Denn das Original in dts-HD-Master macht das nicht besser. Eher im Gegenteil: Wer’s etwas aggressiver mag, der ist mit der deutschen dts-Spur besser bedient. Das Original ist eher für Freunde, die es etwas ausgewogener mögen. Beide Spuren machen aber unabhängig voneinander richtig Spaß. Und wo Disney mit vielen Dolby-Digital-Plus-Tonspuren Schiffbruch erleidet, macht Fox es mit den (nur wenig mehr Datendurchsatz liefernden) dts-Spuren fast ausnahmslos richtig.
Während die deutsche Tonspur weiterhin bei dts bleibt, wechselt die Originalspur von dts-HD-Master auf Dolby Atmos. Beide Versionen klingen auf der regulären Ebene nahezu identisch, während die Ebene der Höhenspeaker das Geschehen immer wieder mit wirklich gelungenen 3D-Sounds ergänzt. Dort beginnt das Geschehen mit dem Glockengeläut während des Einblendens des verantwortlichen Studios. In der direkten Folge gibt’s sensationell präsente Windgeräusche, die den Fahrern in den offenen Rennwagen um die Nase wehen von oben, was für die erste Gänsehaut und während der Rennszenen für ein Höchstmaß an akustischer Authentizität sorgt. Bei 18’13 sitzt man mitten im Kieselstein- und Schutt, wenn der erste Wagen von der Strecke abkommt. Nach gut einer Dreiviertelstunde nimmt man inmitten eines Flugzeug-Cockpits Platz und hört das sonore Brummen der Maschinen, bevor die Zweimotorige eine Minute später dermaßen vehement über die Köpfe der Zuschauer donnert, dass man (und das ist kein hohler Spruch) tatsächlich den Kopf für einen Moment einzieht.
Geht es dann nach gut anderthalb Stunden in ein vorbereitendes Rennen, hört man dort ebenfalls immer wieder etwas Windrauschen von oben, bekommt aber auch schon mal direkt das Knarzen, Quietschen und Scheppern aus der Ego-Perspektive hinter dem Steuer mit. Gut zehn Minuten später geht’s dann nach Le Mans. Die Zuschauer raunen aus allen Speakern, ein Helikopter überfliegt das Geschehen und es fliegen auch schon mal Fahrzeugteile über die Kamera. Während der Nacht bricht dann außerdem ein Gewitter los, das mit schön krachendem Donner aus den Heights versorgt wird. Der später einsetzende Regen prasselt dann akustisch korrekt auf die Frontscheibe des GT. In Summe wird hier zwar kein Dauerfeuerwerkt abgefackelt, aber sämtliche 3D-Sounds sitzen absolut perfekt und passend. Und für einen Film, der Mitte der 60er spielt, ist dann doch erstaunlich viel los.
- Deutsch: Dolby Digital Plus 5.1 (95%) 2D-Betrachtung
- Englisch: Dolby Atmos (95%) 2D-Betrachtung
- Englisch: Dolby Atmos (60%) 3D-Betrachtung (Quantität)
- Englisch: Dolby Atmos (90%) 3D-Betrachtung (Qualität)
Bonus (60%)
Das Bonusmaterial von Le Mans 66 besteht aus einem mehrteiligen Featurette, das knapp eine Stunde läuft und in den besseren, ausführlicheren Teilen wie „Der echte Ken Miles“ und „Der echte Carroll Shelby“ sehr spannend auf die beiden Helden des Rennsports eingeht. Ein weiterer Teil beschäftigt sich mit dem echten Ford GT40 und auch mit der Realisierung der Renn-Sequenzen.
Gesamtbewertung Le Mans 66 (92%)
Le Mans 66 ist ein absolut faszinierender Film, der perfekt Rennszenen mit persönlichen Ent- und Verwicklungen kombiniert und Ken Miles sowie Carroll Shelby vollkommen zu Recht ein Denkmal setzt. Wer sich von Mangolds Film nicht packen lässt, dem fehlt das Benzin im Blut. Renn-Sequenzen wurden jedenfalls selten aufregender umgesetzt. Aufregend ist auch der Sound – und das auch in der so gerne gerügten komprimierten deutschen Fassung. Die dts-Spur leistet innerhalb ihres Rahmens und ihrer Möglichkeiten Großartiges. Die US-Atmos-Fassung erweitert das Geschehen noch einmal sehr effektvoll nach oben, die UHD liefert bis auf kurze Ausnahmen das kräftigere und dynamischere Bild, hat aber etwas mehr sichtbares Korn.
- Bale, Christian, Damon, Matt, Bernthal, Jon (Schauspieler)
- Mangold, James (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 12 Jahren
Technische Details & Ausstattung:
Erscheinungstermin: | 02.04.2020 | Review am: | 13.04.2020 |
Erscheinungsjahr Film: | 2019 | Laufzeit: | 153 Minuten |
Filmstudio: | Fox | FSK: | ab 12 Jahre |
Auflösung / Bildfrequenz: |
2160p @ 24p | Untertitel: |
Deutsch, Englisch |
Bildformat: |
2.39:1 / 16:9 | Tonspur: |
Deutsch DTS 5.1 Englisch Dolby Atmos |
High Dynamic Range: |
HDR 10 | Ausstattung: |
4K Blu-ray HD Blu-ray |
Testgerät TV: | LG OLED55B7D | Testgerät Player: | Panasonic UB9004 |
Le Mans 66 Trailer:
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