Inhalt (80%)
Elton John, Paradiesvogel der Pop-/Rockmusik, zweifach als Ritter ausgezeichnet und Träger der unglaublichsten Brillen der Popkultur, hat weltweit über 300 Mio. Tonträger verkauft, was ihn (je nach Tabelle) zum fünfterfolgreichsten Musiker aller Zeiten macht. Da wäre es doch gelacht, wenn man ihm nicht eine ebenso erfolgreiche Filmbiografie angedeihen lassen könnte, wie Queen ein Jahr zuvor mit Bohemian Rhapsody. Und weil man auf Nummer sicher gehen wollte, engagierte man Dexter Fletcher, um den Film zu realisieren. Fletcher ist zwar bis heute nicht der offiziell genannte Regisseur der Queen-Biografie, doch als Bryan Singer 14 Tage kurz vor Schluss die Dreharbeiten verlassen musste, übernahm er und vollendete das Queen-Biopic. Bei Rocketman konzentriert er sich auf die Kinder-/Jugendjahre und den Durchbruch Johns in den 70ern. Vom ersten richtig großen Auftritt im Troubadour über den Erfolg in den USA bis hin zu den Abstürzen im Alkohol und den Drogen reicht die Spanne.
Rocketman ist gerade in diesen kritischen, dramatischen Momenten gut. Dann, wenn John in manisch-depressiven Anfällen seine Wut auf alles herausbrüllt. Dann, wenn er authentisch und ehrlich die Homosexualität des Sängers vermittelt. Eine Homosexualität, die hier nicht mal im Ansatz verschwiegen wird. Ganz im Gegenteil: Wo Bohemian Rhapsody völlig jugendfrei blieb, zeigen Fletcher und seine beiden Darsteller Taron Egerton und Richard Madden die wohl bisher offensivste Männer-Sexszene in einem Big-Budget-Film. Dass die amerikanischen Jugendschützer das nicht mochten, war klar. Sie stuften Rocketman tatsächlich als R-Rated ein – zweithärtesten der möglichen Einstufungen. Filmisch gesehen ist die Ehrlichkeit, mit der Fletcher inszeniert aber ein Glücksfall und erhielt von Sir Elton John freilich seinen Segen.
Den gab er aber vor allem auch Taron Egerton. Denn für den stand von vornherein fest, dass er sämtliche Songs selbst einsingen UND während des Drehs auch performen würde. Nichts mit bloßen Lippenbekenntnissen. Alles, was man hier hört, kommt von Egerton, der eigens Gesangsunterricht nahm und am Ende von Elton John ausdrücklich gelobt wurde. Und so kommen neben ein paar unbekannteren Songs hier wirklich die riesigen Hits des Künstlers in einer neuartigen Interpretation zum Betrachter. Keine Sorge: Egerton macht das hervorragend und dürfte die perfekteste Wahl gewesen sein, die man sich für die Rolle vorstellen kann. Aber nicht nur gesangstechnisch ist hier einiges geboten. Auch darstellerisch überzeugt Egerton mit Mut für die homoerotischen Szenen und den mehr als extrovertierten Look. An seiner Seite gibt Jamie Bell außerdem einen souveränen Songwriter Bernie Taupin und sorgt für den gefestigten Anker in Eltons Leben. Auch der Zuschauer kann sich an seiner Figur festhalten, während John immer wieder depressive oder verrückte Verhaltensweisen an den Tag legt. Dass die meisten der Musikstücke eher wie ein Musical inszeniert wurden und nicht – wie bei Bohemian Rhapsody – als geerdete Show-Auftritte, bringt Rocketman eine gewisse Leichtigkeit, wenngleich man so etwas dann auch mögen muss. In der letzten halben Stunde tritt der Film allerdings arg auf die Bremse und legt etwas zu lange den Fokus auf den mentalen und physischen Zusammenbruch. Das Ganze kumuliert dann in einer Familien-Aufstellung, die arg dick aufgetragen rüberkommt und ein bisschen sehr psychologisiert. Glücklicherweise findet der Film über ein grandioses „I’m Still Standing“ (was auch sonst) wieder in die Spur.
- Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
- Egerton, Taron, Bell, Jamie, Howard, Bryce Dallas (Schauspieler)
- Fletcher, Dexter(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 12 Jahren
Bildqualität (85%)
Rocketman wurde durchweg digital aufgenommen und lieferte am Ausgang 2.8K und 3.2K. Ausgehend davon hat man allerdings nur ein 2K-Digital-Intermediate angefertigt, von dem aus für die UHD dann wieder hochskaliert wurde. Paramount hat zudem natürlich einen im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum spendiert und die beiden HDR-Formate HDR10 und Dolby Vision integriert. Im laufenden Bild darf zunächst Entwarnung gegeben werden: Auch Nutzer, die nur über eine HDR10-Kette verfügen, müssen nicht mit flacheren Schwarzwerten leben, wie zuletzt bei einigen HDR10-Titeln der Fall. Gut zu sehen beim Anfang von Kapitel vier. Die Szene bei dunklem Nachthimmel versumpft nicht und wirkt auch nicht wesentlich matter als über die Blu-ray. Im Gegenteil sorgt sie mit dieser HDR-Stimmung für den authentischeren Look, da die farblich etwas kräftigere und hellere Blu-ray hier deutlicher zu erkennen gibt, dass es eine Studio-Aufnahme ist. Zumal die UHD in diesen Szenen die wesentlich bessere Kontrolle über punktuelle Lichtquellen hat. Nimmt man die Straßenlaterne bei 50’40, reißt diese über die Blu-ray sichtbar aus, während die UHD noch in der Lage ist, zwischen Lichtquelle (unten) und Kappe (oben) zu differenzieren. Dolby Vision kann zwar noch eine Spur tiefer ins Schwarz und wirkt noch etwas kontrastreicher, doch die Unterschiede sind geringer als zuletzt.
Auch in Sachen Color Grading hat man es nicht übertrieben. Die UHD ist über beide HDR-Varianten dunkler abgestimmt, was schon mal durchweg für etwas kräftigere Kontraste sorgt. Violette und rote Pailletten an Johns Bühnen-Outfit strahlen etwas mehr und sind satter im Ton. Aber Welten liegen hier nicht dazwischen. Ganz anders bei der Auflösung. Denn es ist durchaus erstaunlich, was von der UHD trotz des nur hochskalierten Bildes in Sachen Schärfe/Detaildarstellung ermöglicht wird. Nimmt man sich die Aufnahme der goldenen Schallplatte von „Goodbye Yellow Brick Road“, dann lässt sich über die 4K-Disk noch recht gut die „33“ oben rechts sowie vor allem das „Produced“ im unteren Bereich des Labels lesen. Wo die BD das Wort nicht mal mehr erahnen lässt, kann man es über die UHD lesen, wenn man nahe an den Bildschirm rückt. Was die UHD zudem auch besser liefert (unabhängig von HDR10 oder Dolby Vision), ist das noch ruhigere Bild. Ist die BD schon rauscharm, kann sie es auf dunklem Nachthimmel nicht komplett verschweigen. In der gleichen Szene sieht man über die Ultra HD keinerlei Bewegung mehr auf dem Himmels-Ausschnitt.
- Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
- Egerton, Taron, Bell, Jamie, Howard, Bryce Dallas (Schauspieler)
- Fletcher, Dexter(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 12 Jahren
Tonqualität (80%)
Anbieter Paramount liefert löblicherweise für die UHD eine Dolby-Atmos-Fassung für beide Tonspuren. Das bedeutet nicht nur, dass es auch fürs Deutsche die Einbindung der Höhen-Informationen gibt, sondern auch, dass die etwas geringere Dynamik und Feinzeichnung der Dolby-Digital-Fassung der BD Geschichte ist. Denn die beiden Atmos-Spuren (jeweils True-HD-kodiert) sind in puncto Dynamik und Detaildarstellung auf einem Level. Songs kommen nun auch im Deutschen richtig fetzig rüber und die Instrumentierung ist differenzierter. Anspieltipp ist hier ganz klar „Pinball Wizard“, der so intensiv alle Lautsprecher bedient, dass er fast auf dem akustischen Niveau von Greatest Showman spielt. Geblieben sind die im Vergleich zur englischen Tonspur etwas leiseren Dialoge.
Wechseln wir auf die Höhen-Ebene, hört man erstmalig Musik und das Klirren der Sterne direkt zu Beginn, bevor Elton in die Selbsthilfegruppe kommt. Beim Song kurz darauf auf den Straßen gibt es Jubel von oben und eine einzelne Gitarre zu hören. Nach 20 Minuten gibt’s dann ein kurzes Gelächter auf dem Jahrmarkt aus den Heights und kurz darauf öffnet sich die Höhen-Ebene für eine zunächst komplette und dann isolierte Orchestrierung. Trotzdem hier nicht sonderlich viel von oben passiert, merkt man, dass sich jemand Gedanken gemacht hat, welche Geräusche/Instrumente er mit auf die Heights addiert – und vor allem wann. Ähnliches auch nach gut 63 Minuten, wenn eher asiatisch anmutenden Klänge von dern Heights kommen.
Was man sich allerdings wünschen würde, wäre mehr Club-Atmosphäre. Beispielsweise während Crocodile Rock im Troubadour nach 48 Minuten. Etwas Jubel, ein wenig Klatschen – mehr kommt dann doch nicht von oben. Jedenfalls nicht, bis das Publikum zu schweben beginnt und von oben die Engelschöre erklingen. Im Sinne einer stärkeren Atmosphäre wäre aber der typische Hall in solch kleinen Clubs schön gewesen.
Richtig offensiv werden die Höhenspeaker dann beim Zeitraffer-Pinball-Wizard genutzt, wenn Egerton lauthals auch von oben den Text zum Besten gibt und dazu ein Feuerwerk loskracht. Letzteres ist so perfekt umgesetzt, dass es von Lautsprecher zu Lautsprecher wandert und fast schwerelos wirkt – klasse. Noch mal sehr intensiv schlägt die Höhen-Ebene zu, wenn der Chor das „I think it’s gonna be a long, long time“ von Rocketman singt. Drei Minuten später kommen die elektronischen Disko-Sounds so dediziert von oben, dass man ungläubig den Kopf in Richtung der Heights schwenkt. Auch die Stimmen kurz darauf ertönen direktional von der Decke.
- Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (85%) 2D-Betrachtung
- Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (50%) 3D-Betrachtung (Quantität)
- Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (80%) 3D-Betrachtung (Qualität)
Bonus (60%)
Das Bonusmaterial wurde auf der Blu-ray abgelegt und enthält zunächst einmal vier erweiterte Musical-Nummern, die von Dexter Fletcher kommentierend eingeleitet werden. Zehn entfernte und erweiterte Szenen kommen ergänzend hinzu und es gibt insgesamt fünf Featurettes. In „Das wird ’ne wilde Fahrt“ resümieren Produzenten und Filmemacher, wie es zur Idee des Films kam. Man sieht auch Elton John und Taron Egerton im Zwiegespräch.
„Wie man zu Elton John wird“ beschreibt, wie sich Taron Egerton optisch und innerlich in Elton John verwandelt hat. Egerton spart nicht aus, welche Ängste ihn dabei begleiteten. „Einfach Legendär“ kümmert sich um das Produktionsdesign und die grandiosen Kostüme. „Mit Volldampf voraus“ hingegen schildert, wie Fletcher die Musical-Szenen inszenierte und damit den Film auch erzählerisch voran brachte. „Musik neu erfunden“ wirft dann einen Blick ins Studio, in dem Egerton Erstaunliches leistete und Elton John sich auf eigenen Wunsch sehr zurückhielt, damit die Neuinterpretationen ihr eigenes Flair entwickeln konnten. Ergänzend gibt es eine Funktion, mit der man direkt zu den Musiktiteln des Films springen kann sowie Mitsingversionen einiger ausgewählter Songs.
Gesamtbewertung Rocketman (82%)
Rocketman ist intimer und geht tiefer als Bohemian Rhapsody. Während die ersten 90 Minuten mitreißen, wird es danach für 20 Minuten ein wenig düster. Hier hätte man vielleicht etwas entdramatisieren können. Doch Schauspieler, Neuinterpretation der Songs und Kostüm- sowie Setdesign entschädigen für ein paar Mankos. Die UHD liefert dazu das ausgewogen dynamischere, schärfere und noch ruhigere Bild mit einem tollen Atmos-Sound, der auf der regulären Ebenen richtig toll ist und obenrum in ausgewählten Szenen unterstützt.
- Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
- Egerton, Taron, Bell, Jamie, Howard, Bryce Dallas (Schauspieler)
- Fletcher, Dexter(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 12 Jahren
Technische Details & Ausstattung:
Erscheinungstermin: | 10. Oktober 2019 | Review am: | 23.10 2019 |
Erscheinungsjahr Film: | 2011 | Laufzeit: | 121 Minuten |
Filmstudio: | Paramount | FSK: | ab 12 Jahre |
Auflösung / Bildfrequenz: |
2160p @ 24p | Untertitel: |
Deutsch, Englisch |
Bildformat: |
2.35:1 / 16:9 | Tonspur: |
Deutsch Dolby Atmos Englisch Dolby Atmos |
High Dynamic Range: |
HDR 10 Dolby Vision |
Ausstattung: |
4K Blu-ray HD Blu-ray |
Testgerät TV: | LG OLED55B7D | Testgerät Player: | Panasonic UB9004 |
Rocketman Trailer:
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