Unser Test zu „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ auf 4K Blu-ray zeigt, wie gut Dolby Atmos Sound aus einer deutschen Produktion sein kann. Zudem sagen wir euch, wie gut die Bildqualität und die Story ist.
Inhalt (75%)
25 Millionen Euro ist eine Menge Geld. Vor allem für die deutsche Filmindustrie. Und explizit für einen Film, der im Fantasy-Bereich angesiedelt ist. Umso mehr Lob muss man nun Christian Becker (Wicki und die starken Männer) für seinen Mut aussprechen, ein derart großes Projekt wie die Verfilmung des 1960 von Michael Ende verfassten Romans Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer auf die Beine zu stellen. Um all die unterschiedlichen Schauplätze und die Szenen mit Lokomotive Emma realisieren zu können, ohne das Budget explodieren zu lassen, entschloss man sich, weitgehend in den Bavaria-Studios sowie im Studio Babelsberg zu drehen. Für die Wüstenszenen reiste man allerdings nach Kapstadt, um die Atmosphäre möglichst authentisch erscheinen zu lassen.
Doch abseits der realen Drehorte muss man den Kulissenbauern und Setdesignern wirklich ein großes Kompliment aussprechen. Wie sie mit unglaublichem Aufwand Lummerland in den Studios haben entstehen lassen, lässt einem beim Schauen die Augen aufgehen. Schade, dass Gansels Film im Kino mit den Temperaturen und der starken Konkurrenz zu kämpfen hatte und nicht ganz sein Potenzial ausschöpfen konnte. Denn der Film hat einfach alles, was ein rundum gelungenes Familien-Unterhaltungs-Event ausmacht. Angefangen zunächst mal bei der Besetzung. Während Henning Baum zwar erstaunt war, die Einladung für die Rolle des Lukas zu bekommen, ist diese Überraschung direkt passé, wenn man ihn in seinen Lokführer-Klamotten und mit aufgepolstertem Bäuchlein sieht. Ebenso passend, und vor allem in den Wort-Kauderwelsch-Momenten phänomenal witzig, ist Uwe Ochsenknecht als König Alfons. Nur einer kann so charmant bleiben, während er im Morgenrock mit Strumpfband über die Umweltverschmutzung und Überbevölkerung Lummerlands referiert.
Dazu stoßen Annette Frier als Frau Waas und der immer tolle Christoph Maria Herbst als äußerst gut gekleideter Herr Ärmel. Ein Coup gelang dem Casting-Team und Dennis Gansel aber mit Solomon Gordon. Man kann sich nun wirklich keinen anderen in der Rolle vorstellen, wenn man auch nur die ersten zehn Minuten des Films gesehen hat. Und wenn er mit seinen großen Augen rollt, weil Lukas gerade Heuschrecken verspeist, muss man ihn einfach ins Herz schließen. Solomon ist die Hauptfigur, der Sympathieträger – und das war er schon 1960 in Michael Endes Buchvorlage. Und obwohl man dem Autor in den 70ern für seine Geschichte gerne mal einen stereotypen Rückfall in die Kolonialzeit vorwarf, ist es doch eigentlich ganz anders. Wo bspw. war zu Beginn der 60er Jahre die Hauptfigur und der klare Sympath der Story ein schwarzes Kind? Wo hörte man damals Aussagen wie jene von Herrn Tur Tur, dass „eine schwarze Haut doch weiter nichts Seltsames wäre“. Michael Ende machte nie einen Hehl aus seiner Ablehnung Ressentiments und dem Geschehen während des Nationalsozialismus gegenüber. So verpackte er seine Kritik gerne mal in lakonische Sätze wie „Lokomotiven brauchen einen Führer, weil sie keinen großen Verstand haben“. Dass am Eingang von Kummerland auch noch stand: „Der Eintritt ist nicht reinrassigen Drachen bei Todesstrafe verboten“, ist dann noch eine Spur deutlicher.
Die Verfilmung von Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer verpackt die sozialkritischen Aspekte zwar eher im Subtext und ist vordergründig mehr Abenteuerfilm, der auf die Freundschaft und die Toleranz-Botschaft setzt. Letztere aber kommt jederzeit und vor allem in der Begegnung mit dem Scheinriesen Tur Tur rüber. Jetzt darf man Kritik durchaus an der visuellen Opulenz und den teils arg effekthaschenden CGIs üben. Nicht aus dem Grund, weil sie schlecht umgesetzt wären – im Gegenteil. Aber ein wenig tappt der Film dann doch in die Falle, an einigen Stellen moderne Tricktechnik über Storytiefe zu setzen – ab und an auch etwas episodenhaft rüber zu kommen. Das merkt man immer dann, wenn sich Lukas und Jim mal eine kleine Auszeit von der Action nehmen und sich unterhalten. Das sind die Momente, in denen der Film eine Bindung zum Zuschauer herstellt und Emotionen auslöst. Beispielsweise, wenn Jim den Lokomotivführer fragt, wo er herkomme und ob Frau Waas seine Mutter nur „schauspielere“. Oder wenn Lukas um Jims Leben bangt, nachdem er in Emmas Kessel getaucht ist. Natürlich darf aber auch gelacht werden – und zwar auch auf Seiten der erwachsenen Zuschauer. Denn wenn Popkultur-Zitate wie die beidseitige Ohrenschelle oder die Dampf-Faust eines Bud Spencer von Henning Baums Lukas zelebriert werden, erfreut das vor allem die Kinder der 80er.
- Gordon, Solomon, Baum, Henning, MacLaine, Shirley (Schauspieler)
- Gansel, Dennis(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ohne Altersbeschränkung
Bildqualität (95%)
Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer wurde vollständig digital gefilmt. Ob von dem Ausgangsmaterial ein 2K oder 4K Digital Intermediate gezogen wurde, ist bisher nicht bekannt. Natürlich ist aber auch hier ein erweiterter Farbraum im Rahmen von Rec.2020 sowie die höhere Bilddynamik HDR integriert worden. Letzteres nach HDR10. Im laufenden Bild sieht man beides deutlich. Zwar ist die Farbabstimmung nicht massiv anders, doch sie wirkt rundum gelungener. Neutralweiße Flächen sind noch etwas klarer als über die schon sehr gute Blu-ray. Aus den Gelb-Goldanteilen wurde der ganz dezente Grüntön der Blu-ray noch mal eliminiert und die Hautfarben wirken durchweg noch wärmer. Das passt über die kontrastintensive Dynamik wirklich super zum Film und seiner Atmosphäre. Gerade aus Henning Baums sonnengebräuntem (und ölverschmiertem) Antlitz holt die UHD noch mehr Kraft heraus.
Aber auch Frau Waas wirkt in ihrem Gemischtwarenladen noch authentischer. Der gold angestrichene Palast-Türbote aus Mandala lässt mehr Nuancen in den unterschiedlichen Farbabstufungen erkennen und auch die große Tür des Palastes selbst wirkt plastischer und dreidimensionaler. Jims leuchtend roter Pullover ist ein Demonstrations-Beispiel für Farbkraft in HDR-Filmen und kommt noch mal um einiges strahlender und intensiver rüber. Was die Auflösung angeht, so wirken selbst Halbtotale noch schärfer – ganz zu schweigen von Close-ups, in denen man den Detailvorsprung deutlich sieht. Schön ist außerdem, dass durch die etwas dunklere Abstimmung die leichte Körnung etwas weniger auffällt – ein durchweg referenzwürdiges HDR-Bild, das gerade in den Szenen in Mandala für eine wahre Pracht an Farben sorgt.
- Gordon, Solomon, Baum, Henning, MacLaine, Shirley (Schauspieler)
- Gansel, Dennis(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ohne Altersbeschränkung
Tonqualität (90%)
Akustisch trumpft Anbieter Warner groß auf. Neben einer unkomprimierten dts-HD-Master Spur gibt es gleich noch eine Dolby-Atmos-Fassung (in True HD kodiert) obendrauf – und das schon für die Blu-ray. Beide Tonspuren klingen richtig gut. Schon das Unwetter zu Beginn umschließt den Zuschauer mit direktionalen Wasser-Geräuschen, knarzenden Brettern, wehenden Segeln und tosenden Winden. Die Titelmusik kommt dazu offen und auf breiter Bühne rüber und Stimmen bleiben hervorragend ortbar. Wenn Jim und Lukas dann ins Unwetter geraten, wird es richtig dynamisch und die tolle Geräusch-Atmosphäre in Mandala nutzt ebenfalls ausgiebig alle Lautsprecher. Absolut klasse ist dann die Szene der Durchfahrt durch das Tal der Dämmerung. Selbst wenn man im Tiefbass-Bereich noch etwas mehr Nachdruck erhofft hätte, fühlt man sich selbst mitten in den Trümmern der herabfallenden Steine. Für eine deutsche Produktion ist das eine vorzügliche räumliche und atmosphärische Tonspur. Dazu gesellt sich dann die Höhen-Ebene der Atmos-Fassung und die bietet referenzwürdige Ortbarkeit.
Es dauert keine Minute und wir hören optisch perfekt verortet einen der Piraten der Wilden 13 vom hoch oben befindlichen Schiff herunterrufen. Die Stimme erklingt sensationell greifbar und eröffnet eine durchweg famose 3D-Sound-Tonspur. Schon in der nächsten Szene quietschen die aufgehängten Laternen am Schiff aus der Höhe und die Bohlen biegen sich bedrohlich über der Kajüte des Captains. Auf Lummerland gibt’s dann authentischen Hall, wenn Emma durch die Tunnels fährt. Immer wieder pfeift auch ihr Signalhorn von oben und das Setzen der Segel an der umgebauten Emma lässt von da oben das typische Windflatter-Geräusch erklingen. Wohlgemerkt sind wir hier erst bei Minute 20 des Films. Man könnte das jetzt ziemlich ausgiebig weiter Minute für Minute auseinander nehmen, da es immer wieder nette 3D-Sounds gibt.
Echtes 3D-Sound-Highlight von Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer ist aber die Szene im Dämmertal. Wenn Jim und Lukas mit Emma vor der von Steinwänden umgebenen Schlucht stehen, bröckelt es schon von Beginn an hörbar Gesteinsbrocken von oben herab. Sobald sie dann durch den Spalt hindurch fahren, hört man von überall widerhallende Stimmen und immer wieder sich lösendes Gestein – eine der aktivsten Höhensound-Effekteszenen bisher überhaupt. Weiter geht’s dann bei der Fahrt nach Kummerland in der Düsternis. Während Jim und Lukas im Führerhaus von Emma verweilen, rumpelt es um sie und damit auch um den Zuschauer herum – erneut ganz herausragend durch Sounds von den Heights unterstützt. Und wenn zum Abschluss dann auch noch ein Feuerwerk über den Köpfen explodiert, darf man sich sicher sein, einer der besten Atmos-Spuren der letzten Monate, definitiv aber der besten Atmos-Spur eines deutschen Films bisher, beigewohnt zu haben.
- Deutsch: Dolby Atmos (85%) 2D-Betrachtung
- Deutsch: Dolby Atmos (85%) 3D-Betrachtung (Quantität)
- Deutsch: Dolby Atmos (90%) 3D-Betrachtung (Qualität)
Bonus (90%)
Im Bonusmaterial gibt es zunächst mal zwei Audiokommentare zur Auswahl. Weiter geht’s dann im echten Bonusbereich mit einem langen Making-of unter dem Namen „Die große Dokumentation“. Dazu kommt das Videotagebuch von Gansel, ein Making-of der Visual Effects, nicht verwendete und erweiterte sowie verpatzte Szenen und das Musikvideo zum „Lummerland-Lied“ von Andreas Gaballier. Ganze 60 Minuten läuft das (lange) Making-of, das wirklich tolle Einblicke in die Produktion zeigt – von dem Erschaffen der Kulissen über die Dreharbeiten im verregneten Potsdam bis hin zur Arbeit der Schauspieler. Dass alle faszinierende Kindheitserinnerungen an Endes Vorlage haben, versteht sich von selbst. Das Ganze ist charmant kommentiert wie ein Dokumentarfilm und nicht wie diese schnell hingeworfenen deutschen Making-ofs, die man sonst von hiesigen Filmen kennt.
Gesamtbewertung Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer 4K Blu-ray (87%)
Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer ist optisch opulent, klasse besetzt und mit spannenden Szenen durchsetzt. Die Figuren der Buchvorlage kommen lebhaft rüber, auch wenn man sich ein bisschen mehr Charaktertiefe und Zeit für die Vertiefung der Beziehungen gewünscht hätte. Technisch sind Blu-ray und UHD allerdings herausragend geraten. Schon die Blu-ray liefert ein kontrastreiches Bild und einen Dolby-Atmos-Soundtrack, der referenzwürdig ist. Die UHD toppt das Ganze mit noch eindrucksvolleren Farbkontrasten, etwas besserer Bildruhe und toller Detailtiefe – eine referenzwürdige HDR-Scheibe.
- Gordon, Solomon, Baum, Henning, MacLaine, Shirley (Schauspieler)
- Gansel, Dennis(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ohne Altersbeschränkung
Technische Details & Ausstattung:
Erscheinungstermin: | 22. November 2018 | Review am: | 24. November 2018 |
Erscheinungsjahr Film: | 2018 | Laufzeit: | 110 Minuten |
Filmstudio: | Warner Home Entertainment | FSK: | Ohne Altersbeschränkung |
Auflösung / Bildfrequenz: |
2160p @ 24p | Untertitel: |
Englisch |
Bildformat: |
2.39:1 / 16:9 | Tonspur: |
Deutsch Dolby Atmos |
High Dynamic Range: |
HDR 10 | Ausstattung: |
4K Blu-ray HD Blu-ray |
Testgerät TV: | LG OLED55B7D |
Testgerät Player: | Panasonic UB9004 |
Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer Trailer:
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Kann ich im vollen Umfang bestätigen. Jim Knop ist eine grandiose Atmos Tonspur. Auch Grobi TV sagt, dass dies eine der besten Dolby Atmos Tonspuren sind, die je auf BD gelandet ist. Da muss erst ein deutscher Film kommen, um Hollywood zu zeigen wie es geht. Denn was uns Hollywood da größten Teils an Atmos unterjubelt, ist unterste Kanone. Guckt Euch das Video mal an:
https://www.youtube.com/watch?v=2fAoPdrBgbU
Zudem der Film nicht nur wegen seiner tollen Atmos-Spur sehenswert ist. Ich fand den auch allgemein richtig gut gelungen und wurde angenehm überrascht.