EU-Zwangsquote für Netflix und Co. ist beschlossene Sache (Update)

In der Europäischen Union soll bald eine Zwangsquote für Streaming-Anbieter wie Amazon Prime Video und Netflix gelten. Die Unternehmen sollen ihren Katalog zu mindestens 30 % mit Inhalten aus Europa füllen. Gelten soll die neue Vorgabe bereits ab Dezember 2018.

Update 05-10-2018: Mittlerweile wurde das Vorhaben auch wie erwartet offiziell durch das Parlament gewunken.

Laut Roberto Viola, dem Generaldirektor der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien der Europäischen Kommission, sei die Verabschiedung der neuen Regelungen nur noch eine Formsache. Einzelnen Ländern solle es dann sogar freistehen, die Mindesquote lokaler Inhalte von 30 auf bis zu 40 % anzuheben.

Schenkt man Viola Glauben, so höre sich die Vorgabe aber drastischer an, als sie es in der Praxis sei. Denn beispielsweise Netflix erfülle die Mindestquote von 30 % schon jetzt beinahe. Ziel der Regelung ist es natürlich, europäische Film- und Serienproduktionen zu fördern. Ob eine allgemeine Mindesquote ohne qualitative Differenzierungen dafür der richtige Weg ist, kann man natürlich kritisch hinterfragen.

Netflix Logo August 2018
Netflix bietet schon jetzt viele europäische Inhalte an

Nun könnte man annehmen: „Ok, dann kaufen Amazon und Netflix eben die günstigsten Ramsch-Inhalte ein und verbannen sie in ihrem Katalog ins Hinterstübchen.“ Das soll aber durch das Kleingedruckte in den neuen Gesetzen vermieden werden. Denn die EU-Regelungen sollen auch voraussetzen, dass der regionale Content prominent und gut sichtbar für Abonnenten zu erreichen ist.

Deutschland hat bereits ähnliche Regelungen eingeführt

Deutschland ist übrigens bereits forsch vorangegangen: Hierzulande müssen Streaming-Anbieter wie Netflix bereits in den Nationalen Filmförderfonds einzahlen, um lokale Produktionen zu fördern. Daran will sich die EU quasi ein Beispiel nehmen, denn es soll auch die Vorgabe kommen, dass die Unternehmen entweder mehr Eigenproduktionen starten sollen oder aber eben bei Förderfonds aktiv werden. In Deutschland hatte sich Netflix übrigens vor Gericht vergeblich gegen diese Regelung gewehrt.

Amazon Prime Video
Auch Amazon Prime Video muss sich den neuen EU-Regelungen beugen

20 Monate sollen die 28 EU-Mitgliedsstaaten erhalten, um die neuen Regelungen umzusetzen. Die Einführung soll ab Dezember 2018 beginnen. Es soll den Ländern dabei freistehen auch Mindestquoten für europäische Eigenproduktionen separat zu den lizenzierten Inhalten festzulegen. Sprich Amazon und Netflix sollen eben nicht nur einfach Content aus der EU lizenzieren, sondern auch selbst mehr in neue Produktionen investieren.

Man darf gespannt sein, wie die Streaming-Anbieter auf die anstehenden Neuregelungen reagieren. Die Begeisterung dürfte sich vermutlich in Grenzen halten. Es bleibt auch die Frage, ob die Zuschauer wirklich eine Zunahme europäischer Inhalte wünschen. Denn für den Erfolg der Filme und Serien dürfte eher die Qualität den Ausschlag geben – nicht primär das Herkunftsland.

QuelleVariety
André Westphal
André Westphal
Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller.
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17 Kommentare
  1. So ärgerlich diese Zwangsquote auch ist, manche europäischen Sender arbeiten anscheinend wirklich an der Qualität. Ich habe inzwischen die Sky/ARD-Serie Babylon Berlin bis zur dritten Folge gesehen (zuerst in der ARD-Mediathek, dann auf Blu-ray) und ich muss sagen, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht ist die Quote dann doch nicht so schädlich, wie ich befürchtet hatte.
    Eine Scheißidee bleibt sie natürlich trotzdem.

  2. Hallo zusammen, eigentlich haben alle die das total (gerade und nicht gebogen und am besten geschält und in Plastikfolie gewickelt) BANANE finden recht. Trotzdem (glaube ich) ich, das es nicht zu Einschränkungen bei der Qualität geben wird. Schon jetzt gibt es doch eine Menge guten Content (vor allem aus England, Schweden etc.). Ich denke da an sowas wie „Berlin Station“, Dr. Who und z.B. „Babylon Berlin“ etc. Wenn der Inhalt die Ausführung stimmen, brauchen wir keine Angst haben, dass jetzt in Endlos Serien mit Helene Fischer, oder Til Schweiger und die anderen ausgelutschten MöchteGernSuperstars, Netflix oder Amazon ausbremsen werden; Ich wohne gleich um die Ecke von der Filmhochschule München (MFF) und a gibt es durchaus fähige Autoren, Produzenten und Regisseure und ich sehe vor allem dort vor allem Schrott, … aber da gibt es eben diese 3% die sich nicht von Daleks (mund)tot machen lassen. Ich sehe diese „ich bin bald Ridley Scott“ Hipster Typen und Innen (politisch korrekt), die nicht einmal Durchschnitt sind, und, glaubt mir keiner der NETFLIX, AMAZON etc. aboniert haben will diesen Scheiß anschauen; das ist wohl in ganz Europa so. Kopf hängen lassen und ein Buch lesen: Niemals, da sind ja noch diese 3%. Alles liebe und Gute wünscht Euch Tom, aus München. Ich würde mich sehr freuen eure Kommentare zu lesen; bis dann

    • Serien wie Babylon Berlin machen mir, wie gesagt, auch Hoffnung, aber denk an den Brexit. Wenn das UK aus der EU austritt, fallen IMHO ca. 50% der guten EU-Inhalte weg. Wollen wir hoffen, dass Leute wie Tom Tykwer, die qualitativ wissen, was sie tun, sich dauerhaft in Deutschland durchsetzen.

  3. Die EU hat einen vollschuss, die finanziert doch die anbieter nicht, die macht diesen scheiß auch nicht mit den eigenen TV sendern oder filmemachern.
    als ob die EU nach Hollywood geht und den Filmemachern aufs auge drckt „hey, ihr wollt eure filme auch bei uns Zeigen, nun macht auch mal EU Filme dann dürft ihr auch weiter filme bei uns zeigen.“

    Das ist schlicht weg der falsche ansatz und wenn wir pech haben, werden Amazon und Netflix (bin ma gespannt wie die anime streamingdienste das nun regeln müssen O.O) sich aus der EU zurück ziehen.
    ich mein, die investoren sitzen zum großteil in den USA, wen die dafür zahlen sollen, Serien und Filme in der EU zu drehen denke ich kaum, dass die Anbieter das finanziell so einfach mit machen.
    Die EU müsste eigentlich auf die anbieter zu gehen und sagen
    „ihr habt gute reichweite, ihr dürft euch, da ihr ja hier produzieren sollt – euch an förderfonds usw bedienen damit was qualitatives dabei heraus kommt.“

    • Soviel ich weiß, bekommen ausländische Produktionen etwas aus den Förderfonds, wenn sie z. B. in Deutschland drehen. Aber Du hast total Recht, dass diese Quoten und der Beteiligungszwang die falsche Methode sind, besonders, da die deutsche Filmindustrie sich weigert, erwachsen zu werden.

  4. Gab es in der DDR früher auch schon mal. Bei Musikveranstaltungen (Disco) musste ein bestimmter Anteil an DDR Musik dabei sein.

    Wir gleichen uns immer mehr diesem System an.

    • Ja, es ist schon irgendwie pervers, wie ultrakapitalistisch die EU auf der einen Seite ist, wenn sie sich Gesetze von Lobbyisten schreiben lässt und andererseits übertrieben sozialistisch, z. B. in der Art, wie sie die Landwirtschaft reguliert. Beide Methoden werden komplett an der falschen Stelle eingesetzt.

  5. Da kann man ja nur dankbar für die britische Filmbranche sein. Von denen kommt wirklich gutes. Die deutsche Filmlandschaft dagegen ist eine einzige Katastrophe.. es ist doch Schwachsinn auf EU-Ebene diese Zwangsregelung durchzuboxen.. das ändert an der Tatsache nichts, dass die deutsche Filmindustrie von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen KEINEN SCHIMMER hat wie man gute Filme macht! Da spielen Leute in GZSZ und halten sich für Schauspieler oder diese ständigen pubertären Pseudo-Komödien in denen sich eigentlich alles nur um Liebe – äh, sorry, Sex dreht. Das macht keinen guten Film!

  6. Eine EU-Quote wird durch den Brexit ein Problem. Damit fallen IMHO die Hälfte der guten Inhalte weg.

    Deutsche Produktionen zu fördern finde ich grundsätzlich nicht falsch, aber deutsche Filmemacher müssen noch dringend lernen, dass man ernste Themen auch unterhaltsam darstellen kann und deutsche Schauspieler sollten mal allerdringendst den Unterschied zwischen Theaterschauspielerei auf der einen und Film- und Fernsehschauspielerei auf der anderen Seite lernen. Dann werden wir vielleicht mal international konkurrenzfähig.

  7. Wenn es sich wenigstens um Eigenproduktionen handelt, geht das dann doch in Ordnung.
    Im Prinzip könnte man die Handlung von Stranger Things auch ohne Weiteres in eine ländliche deutsche Gegend verlegen.
    Das Problem wird vielleicht dann wahrscheinlich nur, dass es sich für den internationalen Markt schlecht vermarkten lässt. Selbst wenn es sehr gut wäre.

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