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Wir schreiben das Jahr 1979: Zwei Jahre zuvor hatte der Brite Ridley Scott mit Die Duellisten sein Langfilm-Debüt gegeben. Dass er dann aber an das Skript zu einem Science-Fiction-Film kam, war fast ausschließlich der Tatsache zu verdanken, dass Star Wars 1977 durch die Decke ging. Mit dem Erfolg des George-Lucas-Epos war der Weg für ein Genre frei geworden, das man zuvor im Kino tot glaubte. Die Story, die Dan O’Bannon über einen längeren Zeitraum entwickelt hatte, wollte er als „ernste“ Version seiner Studenten-Kooperation mit John Carpenter, Dark Star, etablieren. Kurze Zeit war O’Bannon auch selbst im Gespräch, den Film zu realisieren, doch das Produzententeam brachte Scott ins Gespräch, nachdem sie dessen Duellisten gesehen hatten. Der Rest ist Sci-Fi-Filmgeschichte. Und Alien ist unzweifelhaft einer der besten Science-Fictioner aller Zeiten.
Nie zuvor war das Setting im Genre düsterer als hier. Zudem wurden die Filmfiguren mit herausragenden Darstellern gecastet und es gab erstmals eine Frau als Actionheldin. War noch etwas?
Ach ja: H.R. Giger. Doch der Reihe nach. Denn Ridley Scotts 1979er Science-Fiction-Klassiker ist so viel mehr.
Bevor der Regisseur zu diesem Projekt kam, hatte Dan O’Bannon also bereits das Drehbuch geschrieben und auch den Schweizer Künstler Hansruedi Giger engagiert, dessen Arbeit später einen wichtigen Bestandteil ausmachen sollte. Als Ridley Scott dazu stieß, setzte er etwas durch, was das Studio nur mit Murren und großen Bedenken zuließ: Scott nahm praktisch eine Geschlechtsumwandlung der ursprünglich als Mann konzipierten Hauptfigur vor und boxte gegen den Willen aller Produzenten durch, mit Ripley eine Frau als Heldin zu positionieren. Eine Entscheidung, die für das Kino wegweisend werden sollte.
Die Umsetzung von Alien selbst war eine Mischung aus sehr profanen Mitteln (da es Ridley Scott gerne puritanisch haben wollte) und dem Art-Design eben jenes H.R. Giger, der zuvor mit seinen Werksammlungen „ARh+“ und „Necronomicon 1“ aufgefallen war. Seine Neuinterpretation von Kunst verhalf dem Film zu einem Design, das bis heute unerreicht und zahlreich (meist schlecht) kopiert wurde. Sein Alien dürfte ohne Zweifel die abscheulich-furchterregendste und morbid-faszinierendste Kreatur des Kinos sein. Unzählige Genrefilme, in denen ein bösartiges Alien fortan eine Rolle spielte, präsentierten ein Wesen, das unverkennbar auf Gigers Original basierte.
Bis heute ist der Spannungsbogen, den Scott aufbaut, unerreicht. Wenn die Bewegungssensor-Geräte immer lauter knackend davon zeugen, dass das Wesen in unmittelbarer Nähe sein muss; wenn Harry Dean Stanton auf der Suche nach Schiffskater Jones im Frachtraum auf das sabbernde Alien trifft und wie sich die Kreatur am Ende im Rettungs-Shuttle kauernd aus einer Nische schält – das sind unvergessliche Filmmomente. Situationen in denen man mit Gänsehaut und vollgepumpt mit Adrenalin erfuhr, was es bedeutet, vor einem Film Angst zu haben.
Was weder zuvor noch nachher einem Film, bzw. einem Masken- und Kreaturdesigner gelang, ist das gleichzeitig abschreckende und anziehende, das von diesem Alien ausgeht. Gigers Kreatur, ihr länglicher Schädel und der kurz vor der Exekution des Opfers hervorpreschende zweite Kiefer – das waren Ideen und Einfälle, die so neu und einzigartig (gleichzeitig sexuell aufgeladen) waren, dass man es nur bewundern konnte. Gleichzeitig funktioniert der Film aber auch deshalb so gut, weil er die Figuren sorgsam einführt, weil er neben dem Kampf mit dem Alien auch das Thema „niedrige Arbeiter“ gegen „intellektuelle Vorgesetzte“ berührt, weil er sozialkritische Aspekte wie Rassismus und Vorurteile gegenüber Andersartigem einfügt und einen Verschwörungsaspekt integriert, welcher der Geschichte am Ende noch eine zusätzliche brisante Note verleiht.
Wie Scott dies mit seinem Team und den Darstellern unter einen Hut brachte und dabei nie die Übersicht über die Geschichte verlor oder das Thema Spannung vernachlässigte, das ist hohe Filmkunst. Im Übrigen wurden nicht nur die Kinobesucher und Zuschauer des Films mit Überraschungseffekten konfrontiert, sondern auch die Schauspieler selbst. Wer die Szene des aus Kanes Bauch herausplatzenden Chestbursters genau ansieht, merkt die reale Überraschung von Veronica Cartwright als ihr das Blut ins Gesicht spritzt – man hatte den nicht direkt beteiligten Darstellern davon zuvor gemeinerweise nichts gesagt.
- Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
- Skerritt, Tom, Cartwright, Veronica, Weaver, Sigourney (Schauspieler)
- Scott, Ridley (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren
Bildqualität (85%)
Alien wurde seinerzeit natürlich analog gedreht – und zwar mit Panavision-Kameras auf 35mm Film. Um ihn auf das Ultra-HD-Medium zu bringen, wurde die Kinofassung 2018 in 4K vom Original-Negativ neu abgetastet (und hat nun ein klein wenig mehr Bildinhalt an den Seiten). Ridley Scott beaufsichtigte die Restaurierungs-Arbeiten, die zu einem 4K-Digital-Intermediate führten. Zur nativen 4K-Auflösung der Disk kommt die erweiterte Kontrastdynamik hinzu, die hier nach HDR10 und HDR10+ auf die Scheibe gebracht wurde. Natürlich ebenfalls an Bord: Ein erweiterter Farbraum im Rahmen von Rec.2020.
In puncto HDR10+ gibt es leider erneut (wie bei „Battle at the El Royale“) keinen Unterschied zu HDR10 – jedenfalls nicht auf der von mir genutzten, etwas höherwertigeren Panasonic-Kette.
Zunächst geht es deshalb also „nur“ um HDR10 und die neue 4K-Abtastung.
Und beides schlägt die bisherige Blu-ray dann doch sehr deutlich. Es ist nicht einmal die höhere Auflösung, die hier für eine etwas feinere Darstellung sorgt und Linien/Details an der Nostromo oder auf Gesichtern besser darstellt. Vielmehr wirkt das neue Color Grading, als schaue man einen neuen Film. Gegenüber der doch sehr fleischigen Blu-ray mit etwas gelben Gesichtern und eher orangefarbenem Blut wirkt die UHD viel näher an der Realität und erscheint zeitgemäßer.
Hauttöne sind nun wärmer, etwas brauner und weniger gelb. Blut kommt kräftig rot rüber und es lassen sich auch mehr Farbabstufungen erkennen. Zwar ist die UHD im direkten Vergleich doch deutlich dunkler abgestimmt, säuft aber in der Tiefe der dunklen Räume nicht ab. Nur ganz wenige Szenen leiden unter einem leichten Crush auf den Schwarzflächen. Das bekommt man allerdings mit einer leichten Korrektur am Helligkeitsregler in den Griff – wenn es überhaupt auffällt, weil es evtl. in den Toleranzbereich der jeweiligen Kalibrierung des Gerätes fällt.
Gleichzeitig muss man sich aber auch mit einem sichtbareren Korn arrangieren, was über die BD teils auf den hellen Flächen unterging. Für analoge Filmfans ist’s allerdings ein Genuss, denn es wird in den allermeisten Fällen sehr authentisch reproduziert. Dazu kann die Ultra-HD Spitzlichter wirklich gut.
Der Director’s Cut liegt auf der UHD per Seamless-Branching vor. Sprich: Wählt man ihn an, läuft die reguläre Kinofassung und schiebt die erweiterten/veränderten Szenen des Dir. Cut fließend ein. Letztere liegen nach allem, was die Recherche hergab, nicht in 4K vor, sondern basieren wohl auf dem bisherigen 2K-Master von 2003. Im laufenden Bild sieht man die Übergänge im Color Grading nicht. Der generelle Look wurde gleichermaßen angewendet und gibt ein stimmiges Gesamtbild ab. Allerdings sind nicht alle Einstellungen gleichermaßen scharf. So gesellen sich schon mal Randunschärfen in die Szenen des Dir. Cut, wo die Kinofassung solche Probleme nicht hat. Die Szene, in der Ripley Dallas mit dem Flammenwerfer grillt, leidet außerdem etwas unter einem schwächeren Schwarzwert.
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- Skerritt, Tom, Cartwright, Veronica, Weaver, Sigourney (Schauspieler)
- Scott, Ridley (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren
Tonqualität (60%)
Geblieben ist leider der deutsche Ton in regulärem dts. Und der klingt halt nun mal etwas nach 1979. Die Dialoge sind dünn und wenig voluminös, Hintergrundgeräusche wirken nicht sehr natürlich und einige Effekte wie der Funkspruch, denn man aus der Außenansicht der Nostromo hört, wirken künstlich aufgebläht. Ganz besonders unglücklich sind die Dialoge zwischen Ripley und Brett während der Dampf sie übertönt. Hier hört man förmlich, wie die Kompression regelrechte Sprach-Frequenzen wegfiltert. Dazu kommt ein generelles Rauschen über den Dialogen in leisen Szenen. Beispielsweise, wenn Brett „Kitty-Kätzchen“ nach Kater Jonesy ruft.
Das kann der englische dts-HD-MA-Mix durchweg besser. Dessen Stimmen wirken präsenter, nicht so komprimiert – und schon gar nicht leidet er unter Rauschen. Atmosphärische Geräusche klingen echter und die Soundeffekte wirken logischer. Auch vom Sub vernimmt man mehr, wenn man die Nostromo bspw. hin und wieder von außen gleiten hört. Auch die Landung auf dem Planeten gerät etwas dynamischer, wobei auch die englische Version die Rearspeaker nur sehr dezent einsetzt und kein Surround-Feuerwerk liefert. Dafür gerät die Landung des Shuttle auf dem Planeten kraftvoller und basskräftiger als über die Synchronfassung. Wenn es in der deutschen Version dann aufs Finale zugeht, wirken die Actionszenen und Paniksrufe der Crewmitglieder kreischig und auch hier bleibt das Geschehen weitgehend frontal. Insgesamt ein aus heutiger Sicht akzeptabler, aber nicht herausragender Tonsektor, der ein Remastering durchaus verdient gehabt hätte.
- Deutsch: DTS 5.1 (60%) 2D-Betrachtung
- Englisch: DTS-HD Master 5.1 (75%) 2D-Betrachtung
Bonus (50%)
Das Bonusmaterial von Alien ist (fast) identisch mit jenem der Blu-ray von 2010. Entsprechend ist der so genannte Director’s Cut enthalten sowie die zwei Audiokommentare von 1999 und 2003. Dazu gibt’s den isolierten Score in 5.1 Dolby Digital, den Original-Score des Komponisten (ebenfalls in 5.1 Dolby Digital) und insgesamt sieben entfernte Szenen. Was allerdings FEHLT, ist der MU-TH-UR-Mode, der auf der bisherigen BD die Möglichkeit gab, Audiokommentar-Teile, Behind-the-Scenes-Videomaterial oder Texterklärungen einzublenden.
Gesamtbewertung Alien 40th Anniversary (82%)
Was wären Filmwelt und Genrefans heute ohne die Begriffe „Facehugger“ oder „Chestburster“? Alien bietet von allen düsteren Science-Fiction-Filmen die herausragendsten Kreaturen und den einzigartigsten Look – oft kopiert und nie erreicht. Scotts Verdienst ist es, über die Inszenierung trotz dominanter Entwürfe des Schweizer Künstlers H.R. Giger und der fantastischen Ausleuchtung und Kameraarbeit, nie die Übersicht verloren zu haben. Selbst in der heutigen Zeit, in welcher der Sci-Fi-Film durch schnelle Schnitte und unruhige Kameras dominiert wird, kann ein Alien immer noch bestehen und wirkt keinesfalls antiquiert.
- Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
- Skerritt, Tom, Cartwright, Veronica, Weaver, Sigourney (Schauspieler)
- Scott, Ridley (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren
Technische Details & Ausstattung:
Erscheinungstermin: | 23. Mai 2019 | Review am: | 20. Mai 2019 |
Erscheinungsjahr Film: | 1979 | Laufzeit: | 117 Minuten |
Filmstudio: | 20th Century Fox | FSK: | ab 16 Jahre |
Auflösung / Bildfrequenz: |
2160p @ 24p | Untertitel: |
Deutsch, Englisch |
Bildformat: |
2.35:1 / 16:9 | Tonspur: |
Deutsch DTS 5.1 Englisch DTS-HD MASTER 5.1 |
High Dynamic Range: |
HDR 10 / HDR 10+ |
Ausstattung: |
4K Blu-ray HD Blu-ray |
Testgerät TV: | LG OLED55B7D | Testgerät Player: | Panasonic UB9004 |
Alien 40th Anniversary Trailer:
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Mir reichen die Blu Ray Filme! Im Angebot bei Amazon für 5€ pro Teil. Als Set meist noch billiger! Die Qualität ist mehr als Top! 4K braucht kein Mensch!
Schreib uns bitte nicht vor, was wir „brauchen“. Das tun wir bei Dir auch nicht. Abgesehen davon ist „brauchen“ bei Unterhaltung eh ein unsinniger Begriff.
Nachtrag: Damals im Kino habe ich „Alien“ im „Mathäser“ in München als 70mm Kopie gesehen. Und das war ein geniales Filmerlebnis auf der Riesenleinwand.
Übrigens ist dieses Kino jetzt das erste „Dolby Vision“ Kino in Deutschland.
Das ist schön, aber solche 70mm-Kopien sind nur Vergrößerungen des 35mm-Originals. Diese wurden oft erstellt, weil 70mm-Film bis zu 6 Tonkanäle auf dem Film selbst unterbringen kann, was bei 35mm nicht geht. Auf die Qualität des Bildes selbst hatte das keinen positiven Einfluss.
Ein Original 35mm Negativ hat sogar eine höhere Auflösung, als sie 4K bietet.
Das Problem bei 35mm ist aber das Alter und um welche Kopie es sich dabei handelt.
Das ist ganz einfach nur falsch. Erstens hat Film überhaupt keine Auflösung, sondern feines oder weniger feines Filmkorn. Allerdings gibt es eine Entsprechung darin, wie feine Details man dabei sehen kann. Selbst mit 2K Digitalvideo kann man dabei aber feinere Details sehen als bei 35mm. Siehe zum Vergleich Serien wie Stargate SG-1 oder Dollhouse von Joss Whedon und Eliza Dushku, die von 35mm nach 2K gewechselt haben.
Ob es sich dabei um das 35mm-Negativ handelt, ist heute nicht mehr relevant, da niemand mehr ein Interpositiv auf Film erstellt. Die Negative werden für solche Restaurationsprojekte wie bei Alien direkt in 4K gescannt. Man kann also keine analogen Kopien-Generationen mehr für den Qualitätsunterschied verantwortlich machen.
Und auch wenn solche in 4K gescannte 35mm-Filme phantastisch aussehen können, wie z. B. bei Blade Runner, kommen sie, was feine Details angeht, nie an 4K-native Filme wie Lucy, Amazing Spider-Man, X-Men: Apocalypse, The Crimes of Grindelwald oder Mortal Engines heran. Selbst 2001: A Space Odyssey, der ja in Super Panavision 70 und Todd-AO, also 70mm, aufgenommen wurde, kommt an diese 4K-nativen Filme nicht heran.
Das einzige analoge Filmformat, das es mit 4K aufnehmen kann, ist IMAX. Auch das wird auf 70mm Film aufgenommen, aber jedes Einzelbild nimmt die mehr als dreifache Fläche wie bei den beiden anderen 70mm-Formaten ein.
Wie kann etwas, das in 35mm aufgenommen wurde, „natives 4K“ sein? Das sind native 35mm, sonst nichts.
So gut diese Alien-4K-BD auch aussieht, ist sie nichts gegen echtes natives 4K wie bei Crimes of Grindelwald oder Mortal Engines.
Wie kann Alien bei Inhalt nur eine 100% Wertung bekommen?
Ich hatte Jahre selten wieder so eine Gänsehaut gehabt als das Alien Intro Theme los ging.
Hoffe Disney verbogt es nicht.