Inhalt (80%)
Fast zwei Mio. Zuschauer hatte Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer vor etwas über drei Jahren in den deutschen Kinos. Damit war er nach Der Junge muss an die frische Luft die zweiterfolgreichste deutsche Produktion des Jahres. Dennis Gansels Verfilmung der berühmten Vorlage von Michael Ende wurde zwar zuweilen für seinen hohen Anteil an Spezialeffekten kritisiert, doch irgendwas ist ja immer. Und dass wir hier nicht mehr über eine Puppenspieler-Verfilmung mit Zellophanfolienwasser reden, hätte den entsprechenden Kritikern durchaus bewusst sein dürfen.
Die Zeiten ändern sich und CGI ist Bestandteil großer Produktionen. Wenn man dann eine Welt wie Lummerland, das Kaiserreich Mandala oder die Drachenwelt Kummerland erschaffen möchte, stehen den Filmen heute Mittel zur Verfügung, die man vor 20 Jahren noch altmodischer getrickst hätte. Hätte das mehr Charme gehabt? Vielleicht.
Deshalb ist Gansels Film aber noch lange nicht schlecht. Dass eine Fortsetzung kommen würde, war trotz des nicht ganz ausreichenden Einspiels des Vorgängers relativ schnell beschlossene Sache. Ein Grund dafür war beispielsweise, dass man sich sputen musste, bevor Hauptdarsteller Solomon Gordon seiner Rolle entwachsen wäre. Gedreht wurde Jim Knopf und die Wilde 13 dann zwischen März und Mai 2019. Da die Postproduktion mit einem erneut relevanten CGI-Anteil (ein Viertel des Gesamtbudgets wurde in Computereffekte investiert) viel Zeit in Anspruch nahm, schlitterte auch dieser Film in die Covid-19-Pandemie hinein. Die Kinoauswertung im Oktober 2020 fiel dann kurz vor den erneuten Lockdown und das Einspiel blieb deshalb bei (immerhin achtbaren) 800.000 Besuchern stecken. Man darf hoffen, dass die Zweitauswertung nun den erwünscht nachhaltigen Erfolg bringt.
Was das Sequel verdient hätte. Denn er ist tatsächlich sogar der unterhaltsamere Film. Entgegen sonstiger Fortsetzungen wird nicht schlicht auf mehr Tamtam gemacht (selbst wenn auch das spektakulär stattfindet), sondern man bekommt neben einer spürbaren Figurenvertiefung auch ein paar neue Charaktere hinzu, die dem Film eine gewisse Würze verleihen. Ganz wunderbar ist beispielsweise Sonja Gerhardt als Sursulapitschi. Nicht nur, dass sie mit unhandlichen Meerjungfrauenflossen agieren musste, bleibt sie dabei total souverän und äußerst charmant. Und wenn es um Charme geht, hat Rick Kavanian natürlich auch ein Wort mitzusprechen. Oder vielmehr 12 Worte. Denn das von ihm dargestellte Piratendutzend macht einfach irre Spaß. Jeden von ihnen spielt er mit dezent eigenen Charaktereigenschaften und die jeweils etwas anders gestaltete Maske tut ihr Übriges hinzu, dass Kavanian sein Improvisationstalent und seine Wandelbarkeit unter Beweis stellen kann.
Aber auch die bekannten Darsteller haben erneut richtig Lust an ihren Rollen. Das gilt für Christoph Maria Herbst und Anne Frier genauso wie (vor allem) Uwe Ochsenknecht. Den verdienten Schauspieler hatte man schon vor zwei Jahren lange nicht mehr so entspannt und locker agieren sehen. Und dieses Mal macht er mit noch grandioserem Witz direkt dort weiter, wenn er als König Alfons die Worte nach Lust und Laune verdreht. Sein „Wir platzen ja vor Mangel“ auf die Frage nach dem Standort für einen Leuchtturm ist ein echter Brüller.
Dass man in Südafrika mit zwei echten Schiffen drehen konnte, tut der Produktion übrigens sehr gut. Erneut muss sich Gansel zu keiner Zeit vorwerfen lassen, dass seine Jim-Knopf-Adaption nicht auf internationalem Niveau inszeniert wäre. Allerdings sollte erwähnt sein, dass die titelgebende „Wilde 13“ erst spät auftaucht. Gansel hält die Spannung bis zu ihrem Erscheinen geschickt hoch und lässt sich gut eine Stunde Zeit, bevor Kavanians wildes Dutzend auf der Bildfläche erscheint. Dann allerdings mit Krachwumm. Denn auch die Actionszenen müssen den internationalen Vergleich nicht scheuen.
Und eine Piratenbraut sieht gegen Jim Knopf und die Wilde 13 sogar ziemlich alt aus.
Ja, auch hier könnte man kritisieren, dass CGIs teilweise zu sehr das Feld übernehmen und ein wenig der Charme der alten Puppenkiste abhanden gekommen ist. Aber die gut aufgelegten Darsteller, das flotte Drehbuch, das tolle Produktionsdesign und die nach wie vor charmant gezeichneten Figuren machen das locker wieder wett.
- Gordon, Solomon, Baum, Henning (Schauspieler)
- Gansel, Dennis (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ohne Altersbeschränkung
Bildqualität (90%)
Wie es bei deutschen Produktionen oftmals so ist, ist über die technischen Hintergründe leider nicht viel in Erfahrung zu bringen. Beim ersten Teil half da nur der Gang über das Produktionsstudio, das ich dieses Mal allerdings nicht erreichen konnte. Schaut man ins Bonusmaterial, sieht man des Öfteren erneut eine ARRI-Alexa-Kamera. Es liegt also nahe, dass das gleiche Equipment genutzt wurde wie im ersten Teil. Ob es allerdings auf die gleiche Weise per Digital Intermediate (also „nur“ ein 2K DI) auf die 4K-Scheibe kam (wie beim Vorgänger), bleibt eine gute Frage.
Und das TROTZ der Tatsache, dass die UHD-BD bisweilen deutlich sichtbar mehr Details liefert. Denn diese scheinen vornehmlich der Tatsache zu entstammen, dass die UHD-Blu-ray nicht (oder bei weitem nicht so stark) gefiltert wurde. Jims Pullover bei 98’58 hat plötzlich Maschen und Details, wirkt endlich wie ein Strickpulli, nicht wie ein Sweater. Da die Blu-ray in dieser Szene gefiltert erscheint, kann man das MEHR an Details der UHD-BD hier nicht zwingend daran festmachen, dass hier möglicherweise nativ in 4K gemastert wurde.
Aber auch ansonsten ist die UHD-Blu-ray in allen Belangen besser. Sie zeichnet im Schwarz besser durch und auch auf hellen Oberflächen. Sie liefert noch Wolken auf dem Himmel, wo die Blu-ray überreißt. Sie bietet das wesentlich kräftigere Rot auf Jims Pullover und die wärmeren Farben bei den erdigen Tönen. Außerdem zeigt sie eine herausragende Farbigkeit und Spitzhelligkeit beim Blick ins schwarze Universum. Hier zeigt sich noch ein farbiger Sternennebel, den die Blu-ray fast völlig verschweigt. Durch die dynamischere Abstimmung tritt hier und da das digitale Rauschen der Kamera etwas stärker hervor, was man aufgrund der zahlreichen positiven Aspekte aber sehr gut verschmerzen kann.
- Gordon, Solomon, Baum, Henning (Schauspieler)
- Gansel, Dennis (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ohne Altersbeschränkung
Tonqualität (80%)
Jim Knopf und die Wilde 13 liefert über die Blu-ray und die UHD-Blu-ray identische Tonspuren. Neben der Hörfilmfassung ist das eine DTS-HD-Master-Fassung sowie eine True-HD-kodierte Atmos-Spur. Beide sind für sich genommen von Beginn an sehr räumlich. Schon der Anker, der nach einer Minute geworfen wird, rasselt hübsch vom rechten Surroundspeaker. Etwas dünn wirken jedoch die Dialoge. Und man wird hin und wieder auch nicht den Eindruck los, dass der Ton eine Spur phasenverschoben und gequetscht wirkt, während das Volumen an sich okay ist.
Obschon die Dynamik vor allem bei der Filmmusik gut ist, dürfte der Tiefbass allerdings noch kräftiger zupacken. Wenn nach einer Stunde die Kanonenkugel abgefeuert werden, hätte das mehr Bums verdient gehabt. Wie gesagt: Das geht in Ordnung, hätte aber noch etwas satter sein dürfen.
In Sachen 3D-Sounds beginnt es so wunderbar, wie es beim ersten Teil bereits so wohlwollend aufgenommen und gelobt wurde. Man hört den Wind um die Segel des Piratenschiffs säuseln und kurz darauf das Holz des vorbeiziehenden Rumpfes knarzen. Fällt der Anker von oben, hört man auch das sehr deutlich und der Regen nach drei Minuten fällt hörbar aufs Dach der Zugstation von Lukas. Ganz und gar unlogisch ist allerdings der Plumps des Postboten ins Wasser nach sechs Minuten. Denn diese Szene sieht man komplett aus der Draufsicht – die Kamera befindet sich also oberhalb vom Postbeamten, nicht unterhalb.
Passend wiederum das Quietschen der Leinen und an den Segeln ab 18’00. Und wenn es nach 21 Minuten von oben rieselt, während die Zwei den engen Schacht hinunter klettern, ist auch das akustisch toll umgesetzt. Ähnliches gilt für Unterwasseraufnahmen, deren Glucksen greifbar von oben herab zu hören ist. Wenn dann nach 29 Minuten Emma wieder auf Vordermann gebracht wird, darf sie mehrfach ihr typisches Dampflok-Geräusch über die Heights wiedergeben, was richtig Spaß macht. Geht sie dann mit Jim und Lukas in die Luft, setzt es gleich mehrfach wirklich tolle Höheneffekte, während hier auch generell richtig Dynamik entsteht.
Der Anflug von Emma bei 45’00 sowie ihr kurzes Pfeifen werden ebenfalls atmosphärisch von oben begleitet und in der Höhle kurz darauf hallen die Stimmen authentisch wider. Weil Frau Mahlzahn so groß ist und von oben spricht, kommt auch die Stimme von Judy Winter aus den Heights. Während des Aufeinandertreffens der beiden Schiffe nach einer Stunde gibt’s dann reichlich dedizierte 3D-Sounds – schwingende Schwerter, an Seilen fliegende Piraten sowie die knarzende Takelage der Holzkähne. Oft sind es aber die atmosphärischen, nicht die krachledernen Geräusche, die richtig Spaß machen. Wie beispielsweise die Fackel, die Lukas nach etwas über 72 Minuten schwenkt und deren Knistern akustisch korrekt an der Decke lang wandert. Das sich zusammen brauende Unwetter nach 86 Minuten bringt dann noch mal richtig (frischen) Wind ins Heimkino.
- Deutsch: Dolby Atmos (75%) 2D-Betrachtung
- Deutsch: Dolby Atmos (80%) 3D-Betrachtung (Quantität)
- Deutsch: Dolby Atmos (85%) 3D-Betrachtung (Qualität)
Bonus (70%)
Im Bonusmaterial von Jim Knopf und die Wilde 13 wartet zunächst ein Audiokommentar, der von Produzent Becker, Dennis Gansel und Henning Baum während der Pandemie eingesprochen wurde. Entsprechend haben die Drei per Videokonferenz gearbeitet und schalten auch immer mal wieder ein paar andere der Darsteller hinzu. Dazu gibt’s ein knapp 20-minütiges Making-of, das für ein deutsches Hinter-den-Kulissen-Feature durchaus interessante Einblicke in die Produktion gibt. Unter anderem sieht man, dass die Kulisse von Lummerland nicht gerade riesig ist. Witzig, wenn man sieht, wie die Kamera aus der Luft filmt, wo die Kulisse steht. Das VFX-Featurette zeigt innerhalb von neun Minuten diverse CGI-Szenen in ihrer einzelnen Zusammensetzung. Weitere neun Minuten an entfernten Szenen schließen sich gemeinsam mit Patzern und dem Musikvideo zum Titelsong an.
Gesamtbewertung Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer 4K Blu-ray (83%)
Jim Knopf und die Wilde 13 ist eine würdige Fortsetzung des ersten Teils von 2018 und ein über weite Strecken sogar unterhaltsamerer Film geworden. Sämtliche Darsteller sind blendend aufgelegt und die Tricks sind auf internationalem Niveau. Die Blu-ray ist leider schwächer als jene von Teil I, während die UHD-BD auf dem Niveau des Vorgängers ist und ein wirklich dynamisches Bild liefert. Der Atmos-Sound ist in der 3D-Soundqualität sehr gut. Die reguläre Ebene wirkt aber beengt und mitunter etwas phaseninkorrekt.
- Gordon, Solomon, Baum, Henning (Schauspieler)
- Gansel, Dennis (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ohne Altersbeschränkung
Technische Details & Ausstattung:
Erscheinungstermin: | 24. Juni 2021 | Review am: | 24. Juli 2021 |
Erscheinungsjahr Film: | 2020 | Laufzeit: | 110 Minuten |
Filmstudio: | Warner Home Entertainment | FSK: | Ohne Altersbeschränkung |
Auflösung / Bildfrequenz: |
2160p @ 24p | Untertitel: |
Englisch |
Bildformat: |
2.39:1 / 16:9 | Tonspur: |
Deutsch Dolby Atmos Deutsch DTS HD-Master |
High Dynamic Range: |
HDR 10 | Ausstattung: |
4K Blu-ray HD Blu-ray |
Testgerät TV: | LG OLED55B7D |
Testgerät Player: | Panasonic UB9004 |
Jim Knopf und die Wilde 13 Trailer:
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Die iTunes Version ist seltsamerweise nur in HD.
Den ersten Film gab es dort noch in 4K/DV und Atmos.