Inhalt (80%)
Michael Ende hatte mit Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer 1960 und Momo 1973 zwei Kinder-/Jugendromane geschrieben, die schnell zu absoluten Klassikern wurden und bis heute zum bekanntesten gehören, was der Markt der deutschen Jugendbuchliteratur hergibt. Als der aus Filderstadt stammende Autor dann 1979 zu einem neuen Werk ansetzte, konnte er dessen Erfolg vermutlich noch gar nicht ganz abschätzen. Dass sich Die unendliche Geschichte weltweit in 40 Sprachen über 10 Mio. mal verkaufte, damit konnte nun wirklich keiner rechnen. Zumal die Entwicklung der Geschichte satte drei Jahre brauchte und Ende zu Beginn seiner Arbeit davon ausging, nicht mehr als 100 Seiten füllen zu können. Bei einem Buch, das später fast fünfmal so viel Inhalt aufwies, eine ziemlich verhaltene Einschätzung des Autors.
Es ist nicht verwunderlich, dass mit Bernd Eichinger einer der bekanntesten deutschen Filmproduzenten den Stoff verfilmen wollte. Und so schnappte er sich den damals durch Das Boot zu internationalem Ruhm gelangten Wolfgang Petersen (nachdem der eigentlich vorgesehene Helmut Dietl keine Lust mehr auf das Projekt hatte), organisierte ein Budget von gigantischen 50-60 Mio. D-Mark (die Angaben schwanken etwas) und verfilmte den ersten Teil von Endes Roman. Das allerdings dergestalt, dass der Autor sein Werk praktisch nicht mehr wiedererkannte und schon während der Arbeit am Drehbuch durch Petersen und Herman Weigel versuchte, sich aus dem Vertrag zu kündigen. Lediglich eine Schadensersatzklage in Millionenhöhe sorgte dafür, dass Ende dann doch einlenken musste und nur noch in der Lage war, seinen Namen aus der Titelsequenz entfernen zu lassen.
Einen zwischenzeitlich mit Petersen gemeinsam verfassten Drehbuchentwurf lehnte Eichinger übrigens ab, da er diesen als zu wenig amerikanisch ansah, den Film aber (schon alleine aufgrund seines Budgets) gerne international vermarkten wollte. Deshalb ließ er auch in englischer Sprache drehen und besetzte internationale Stars und solche, die es werden wollten. Der Verfasser dieser Zeilen weiß noch ziemlich genau, dass er 1984 einer der knapp fünf Mio. Kinozuschauer in Deutschland gewesen ist. Und zwar gemeinsam mit der Oma. Das konnte jedoch nicht verhindern, dass mir seinerzeit die Szene mit Atréjus Pferd Artax ein nachhaltiges Trauma bescherte, das mich so schnell nicht mehr losließ. Nur gut, dass es Fuchur und den Felsenbeißer gab, an denen man die Traurigkeit über jene dramatische Sequenz etwas abarbeiten konnte.
Petersen gelang es mit seinem Team mitunter hervorragend, die fantastischen Wesen und Kreaturen zum Leben zu erwecken – meist als Puppen, die über aufwendige Konstruktionen von mehreren Puppenspielern bedient werden konnten. Der Felsenbeißer ist eine von ihnen. Die alte Morla eine weitere. Wer es bisher noch nicht getan hat, dem sei irgendwann auch mal eine Reise zur Bavaria Filmstadt empfohlen, wo man nicht nur auf Fuchur reiten, sondern sich auch die Mechanik der Puppen anschauen kann.
Apropos Anschauen: Die unendliche Geschichte lässt sich heute durchaus noch anschauen. Allerdings mit etwas Augenzwinkern bezüglich der eher charmanten, denn aus heutiger Sicht perfekten Tricks. Und auch die Darstellung der beiden Jungschauspieler ist – objektiv gesprochen – nicht gerade überzeugend. Aber Petersens Adaption entfaltet trotz ihrer Begrenzung auf den ersten Teil der Buchvorlage und trotz der Distanzierung des Autors von der Verfilmung einen gewissen Reiz und ein Gefühl von epischer Weite. Was der Regisseur mit Produzent Eichinger hier (größtenteils) in den Bavaria Filmstudios realisieren konnte, ist aller Ehren wert. Und weil die Szenen in Phantásien so charmant oldschool sind, macht das auch heute noch Spaß.
- Brandis, Jonathan, Hathaway, Noah (Schauspieler)
- Miller (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 6 Jahren
Bildqualität (75%)
Wolfgang Petersen und sein Kameramann Jost Vacano drehten Die unendliche Geschichte 1984 mit Arriflex-35-Kameras auf 35-mm-Film. Für die UHD-BD kam nun das gleiche Master zum Einsatz, das auch 2019 schon für die 4K-Remastered-Blu-ray eingesetzt wurde. Die Techniker von CinePostproduction scannten größtenteils in 4.5K vom Original-Filmnegativ. Allerdings lag dieses nur für die gekürzte internationale Fassung, nicht für die in Deutschland veröffentlichte Langfassung zur Verfügung.
Um deren zusätzliche Szenen für die Restaurierung einzufügen, verwendete man ein Duplicate-Positiv (Interpositiv), also die Zwischenstufe vor dem Ziehen von weiteren Negativen, von denen dann zahlreiche Kino-Vorführkopien gezogen werden. Ein echtes Originalnegativ der Langfassung lag nicht mehr vor. Nach dem Scan folgte das Zusammenfügen der beiden Teile sowie die Integration der separaten VFX-Shots. Um ein durchgängig harmonisches Filmkorn herzustellen, filterte man zunächst Sequenzen manuell und fügte dann eine nachträgliche Körnung hinzu. Der puristische Filmfan wird sich fragen, warum man nicht einfach das originale Filmkorn unbearbeitet gelassen hat, anstelle es zu filtern und dann durch ein künstliches Korn zu ersetzen. Zumal man auch der 4K-Scheibe hier und da dezent ansehen kann, dass man sie gefiltert hat.
Dennoch ist sie (noch) besser als die 4K-remastered Blu-ray. Die Implementierung von HDR10 lässt den Kontrast wesentlich besser abgestimmt wirken. Es gibt keine überstrahlenden Flächen mehr und auch noch Wolken im Himmel, wo die Blu-ray lediglich hellweiße Hintergründe lieferte. Auch Details in hellen Lichtquellen in der „Fantasywelt“ kommen nun zum Vorschein und der Felsenbeißer sieht noch knackiger und kontrastreicher aus. Die Wüste ist etwas satter braun und leuchtet nun mehr. Allerdings fällt das Color-Grading selbst nur bedingt anders aus. Vielmehr gleichen sich BD und UHD-BD hier einander an – allerdings durchweg mit dem Kontrastvorteil bei der UHD-BD, die Hauttöne gleichmäßiger und kräftiger sowie ohne Überstrahlungen präsentiert.
Die Auflösung selbst ist in der Tiefe durchaus sichtbar besser. Zwar auch hier durch eine Kombination von mehr nativer Auflösung und HDR, das Details besser hervorhebt, aber gegenüber der BD dann doch sichtbar. Sterne am schwarzen Himmel funkeln aufgrund der helleren Spitzlichter etwas mehr und Fuchurs mit Schuppen glänzen in vielschichtigeren Farben. Insgesamt ein gutes, aber nicht weltbewegendes Upgrade zur BD.
- Brandis, Jonathan, Hathaway, Noah (Schauspieler)
- Miller (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 6 Jahren
Tonqualität (40%)
Der Ton von Die unendliche Geschichte war stets ein Trauerspiel und ist es leider noch heute. Denn bei der 5.1-Tonspur der deutschen Synchro handelt es sich um eine künstlich hochgemixte Monofassung. Das Gleiche gilt für den ebenfalls enthaltenen 2.0-Sound, der ebenso auf einer Monofassung beruht. Wirklich schlimm klingt das aber im 5.1-Mix, der nicht nur dünn und auf den Effektkanälen maximal geringfügig aktiv ist, sondern auch noch wie ein phasenverschobener Murks tönt.
Gerade die tolle Filmmusik von Klaus Doldinger leidet oftmals darunter, dass man sein linkes Ohr übers Rechte und wieder zurückziehen möchte. Wechselt man hier auf das englische Original (der Film wurde ja in Englisch gedreht), fehlt es zwar immer noch an Druck, aber immerhin wirkt der Sound hier homogen und gleichmäßig verteilt. Man gerät nicht in Versuchung, seine Ohren mit Druckluft durchpusten lassen zu wollen, wie es beim deutschen 5.1-Fake-Mix der Fall ist. Der englische Ton liefert sogar eine angenehme Räumlichkeit und wirkt in den Soundeffekten viel moderner und besser abgestimmt. Dazu sind Dialoge homogener und besser eingebettet. Dass man dem deutschen Ton kein Update spendiert hat, ist wirklich ein Jammer.
- Deutsch: DTS HD HR 5.1 (30%)
- Deutsch: Dolby Digital 2.0 (45%)
- Englisch: DTS HD HR 5.1 (70%)
Bonus (40%)
Das Bonusmaterial von Die unendliche Geschichte liegt komplett auf der Blu-ray vor. Die UHD-BD ist frei von Extras. Die BD enthält dann ein 16-minütiges Making-of, und einige Storyboard-Vergleiche. Die auf dem Cover aufgeführte Dokumentation über die Restauration (die ja für die 2019er BD im Mediabook bereits angefertigt wurde) fehlt allerdings. Oder sie ist so gut versteckt, dass man sie nicht findet.
Gesamtbewertung: Die unendliche Geschichte (65%)
Die unendliche Geschichte hat mittlerweile 37 Jahre auf dem Buckel. Das sieht man vor allem den Tricks an, die aus heutiger Sicht dann doch etwas altbacken erscheinen. Und damit sind ausdrücklich nicht die Puppen gemeint, sondern vor allem Bluescreen- und andere Hintergrundprojektionsarbeiten. Die UHD-BD legt diese nun noch etwas schonungsloser offen, was für die Qualität der 4K-Scheibe spricht. Sie ist insgesamt die bessere Wahl gegenüber der 2019er Blu-ray im Mediabook. Vor allem beim Überstrahlen von hellen Flächen verweist sie die Blu-ray in die Schranken. Leider hat man am gruseligen deutschen Ton nach wie vor nichts geändert.
- Brandis, Jonathan, Hathaway, Noah (Schauspieler)
- Miller (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 6 Jahren
Technische Details & Ausstattung:
Erscheinungstermin: | 01. Juli 2021 | Review am: | 16. Juli 2021 |
Erscheinungsjahr Film: | 1984 | Laufzeit: | 101 Minuten |
Filmstudio: | Highlight Communications | FSK: | ab 6 Jahre |
Auflösung / Bildfrequenz: |
2160p @ 24p | Untertitel: |
– |
Bildformat: |
2.35:1 / 16:9 | Tonspur: |
Deutsch DTS HD HR 5.1 Deutsch DD 2.0 Englisch DTS HD HR 5.1 |
High Dynamic Range: |
HDR 10 | Ausstattung: |
4K Blu-ray HD Blu-ray |
Testgerät TV: | LG OLED55B7D | Testgerät Player: | Panasonic UB9004 |
Die unendliche Geschichte Trailer:
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Ich hatte Constantin und Cinepost im Vornherein noch eine ‚BitPerfect‘ (16Bit, 44100Hz) Abtastung der Constantin Video LaserDisc angeboten, wo der Ton noch in sehr gutem Stereo enthalten ist. Es kam leider nie eine Antwort, was ich sehr bedauere. Und viele andere nun vermutlich auch.
Also das ist doch wirklich Schwachsinn, die Industrie filtert doch hauptsächlich wegen der „Alles-muss-perfekt-steril-und-glatt-wie-ein-Babypopo-sein-Fraktion“.
Wenn jetzt zusätzlich zum DNR auch noch nachträglich wieder Korn eingefügt wird, stelle ich als Konzern doch keine der beiden Fraktionen wirklich zufrieden.
Statt Wachsfigurenkabinett hab ich jetzt Wachsfigurenkabinett mit Filmkorn?!
Hast du den Text überhaupt gelesen? Da nur die KF Fassung in 4.5K Remastered wurde, wurde weitere Szenen in schlechterer Quali hinzugefügt. Mit diesem Verfahren hat man nun versucht, keine Unterschiede im Filmkorn erkennen zu lassen.
Der Ton „versTaut“ alles? 😉
Ich frag mich auch gerade, was die da sonst noch alles auf die Scheibe gepackt haben… 😀 😛