Deutsche Synchronsprecher laufen gegen KI Sturm: Droht der Branche das Aus?

Die deutsche Synchronindustrie hat ohnehin einen schlechten Ruf. Künstliche Intelligenz könnte ihr nun endgültig den Todesstoß versetzen.

Deutschland ist eines der wenigen Länder weltweit, in denen Filme und Serien verhältnismäßig aufwändig synchronisiert werden. Doch der gute Ruf der Branche ist im Grunde seit vielen Jahren dahin. Seit mehr Menschen, auch dank der Glanzzeit des Streamings, auch auf den Originalton zugreifen können, fallen Patzer immer stärker ins Gewicht. Die Schuld der Sprecher sind die Mankos selten, meist wird heute unter großem Geld- und Zeitdruck gearbeitet, worunter Übersetzungen und Regie leiden. Legendär sind etwa harte Übersetzungsfehler wie der „Sekretär“ aus „Mission: Impossible: Ghost Protocol“, der eigentlich kein Bürogehilfe, sondern ein Minister sein sollte, weil „Secretary“ falsch übersetzt wurde.

KI könnte Synchronisationen näher ans Original bringen

Künstliche Intelligenz kann dabei bereits Lippenbewegungen von Schauspielern so anpassen, dass es so wirkt, als würden ausländische Schauspieler glaubhaft Deutsch sprechen. Der nächste Schritt wäre es nun, würden wir erleben, wie Schauspieler wie Ryan Gosling, Tom Holland, Scarlett Johansson und mehr ihre Stimmen lizenzieren, damit auf dieser Basis fremdsprachige Synchronisationen entstehen können. Damit würden diese KI-Dubs deutlich näher ans Original kommen, was auch ein künstlerischer Mehrwert wäre.

Denn aktuell löschen Synchronisationen einen wichtigen Teil der Leistung eines Schauspielers komplett aus: seine Stimme. Man sollte im Kopf behalten, dass Synchronisationen eben nicht in erster Linie eine Kunstform sind, sondern, wie auch Untertitel, eine Verständnishilfe liefern. Dass die Branche in Deutschland um ihre Existenz fürchtet, ist nachvollziehbar. Doch vermutlich wird sich der technische Fortschritt nicht aufhalten lassen.

Synchronisationen sind stets ein Kompromiss

Synchronisationen sind stets ein Kompromiss und eine Veränderung des eigentlichen Originals. Kann man näher an letzteres rücken, ist dies erst einmal von Vorteil für Künstler und Zuschauer. Dass die Synchronbranche eigene Interessen hat und dies anders sieht, ist nachvollziehbar. Doch die Aufrufe an das Publikum erinnern auch an die ersten Jahre des Tonfilms, als damals Musiker und Komponisten ganz ähnlich gegen das neue Format wetterte, weil z. B. Film-Begleitmusiker ihre Existenz gefährdet sahen.

Noch erreichen KI-Synchros keine ausreichende Qualität, wie schon ein Reinfall bei MagentaTV bewiesen hat. Doch die Technik entwickelt sich derart rasant, dass das in wenigen Jahren anders aussehen könnte. In den USA will Amazon deswegen bereits einige fremdsprachige Serien per KI synchronisieren lassen – offiziell mit der Begründung, dass sie sonst gar nicht synchronisiert werden könnten, weil ein klassischer Dub bei der begrenzten Zielgruppe zu teuer wäre.

Die nächsten Jahre werden voller spannender Entwicklung sein. Ob die deutsche Synchronbranche mithalten kann oder abgehängt wird, muss die Zeit zeigen.

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QuelleRND
André Westphal
André Westphal
Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller.
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15 Kommentare
  1. Arnold Schwarzenegger wäre ohne Thomas Dannberg im wichtigen Umsatzland Deutschland zur ultimativen Witzfigur mutiert.

    Tatsächlich gibt es hier aber auch pro und contra. Ich denke an viele deutsche Synconstimmen, die erheblich besser und einfühlsamer/variabler sind als das Original. Doch der Wandel der Zeit kommt auf ganz anderem Wege!
    Denn ein großer Anteil ist bereits verstorben, ein kleiner Teil (der legendären) ist noch übrig. In diesen „modernen“ Zeiten enstehen keine neuen Legenden.

    Mir wäre es eher ein Anliegen, Vereinbarungen mit Erben zu treffen, um die unverwechselbaren deutschen(!) Stimmen per KI -weiterleben- zu lassen.

    • Meiner Ansicht nach kann eine deutsche Stimme nie „besser“ sein als das Original, weil es eben einfach eher eine Art Zerstörung ist: Ich greife in ein Werk ein, radiere einen wichtigen Teil aus (Stimme des Schauspielers und damit einen zentralen Teil von dessen Leistung) und ersetze es durch etwas völlig anderes. Da wäre es, eben meine Meinung, gut davon wegzukommen. Wie erwähnt, sind Synchronisationen in erster Linie Verständnishilfen. Kann man diese nun erheblich verbessern, indem wenigstens die Originalstimme und Betonung beibehalten werden können (per KI), wäre das künstlerisch schonmal ein erheblicher Mehrwert.

      Besser bleibt immer direkt das Original zu konsumieren, wenn man der Sprache mächtig ist. Ansonsten sind Untertitel aus meiner Sicht der bessere Kompromiss.

      • Der Meinung bin ich überhaupt nicht. Wenn ich bei manchen Filmen die Originalstimmen höre, vergeht mir der Spass.
        Und versuch bitte nicht mir einzureden, dass diese scheiss Untertitel besser wären als eine gute Synchronisation. Schließlich will ich mir den Film ansehen und kein Buch lesen.
        Wenn Du mit „Zerstörung“ des Werks kommst, dann denke mal lieber an die Schneidewut der FSK. Das ist meiner Meinung nach ein tieferer Eingriff ins Urheberrecht und sollte verboten werden.

  2. Mein Bruder hasst die Eddie Murphy Synchron Stimme. Es ist nun mal der Wandel der Zeit. Ich finde die KI Sync mit Original Stimme viel besser. Wenn man zum Beispiel die Eddie Murphy Stimme gut findet die übrigens mit der Originalen nichts zutun hat dann gibt es dem Film auch ein ganz anderes Feeling welches aber verfälscht ist. Dazu wechseln die Synchron Stimmen auch den Charakter welches auch totaler Mist ist, wenn man vor 8 Jahren noch eine andere Stimme mit dem Schauspieler identifiziert hatte und das unabhängig davon ob einem
    die Neue gefällt oder nicht.

  3. Auszug aus dem Wikipedia-Artikel „Sekretär (Amtsbezeichnung)“:

    „Sekretär ist in Deutschland die Amtsbezeichnung eines Beamten in der Laufbahngruppe des mittleren Dienstes in der Bundes- oder Landesverwaltung im Eingangsamt. Ohne Zusatz wird die Amtsbezeichnung regelmäßig bei obersten Bundesbehörden geführt.“

    In diesem Kontext ist „Sekretär“ alles andere als ein harter Übersetzungsfehler.

    • Ist aber immer noch komplett falsch, da es um einen Minister ging. Im Text habe ich das natürlich bewusst überspitzt. Ist aber ja auch nur ein Beispiel, derartige finden sich noch viele.

      • Es kann sich ja eigentlich nur um Tom Wilkinson’s Rolle handeln!?
        Geheimdienste (hier IMF) haben keinen eigenen Minister! Wer also hat dir das mit dem „Minister“ erzählt? Ich glaube hier liegt der „legendäre Übersetzungsfehler“ ziemlich klar nicht bei der Synchronisation. Sekretär passt hier im Kontext als Übersetzung also tatsächlich sogar besser als „dein“ Minister.

        • Tom Wilkinson ist in der deutschen Übersetzung der, der auf den „secretary“ als ihm übergeordnet verweist und damit im Film mutmaßlich dem Verteidigungsminister meint. Zumindest keinen Sekretär als Beamten mittlerer Laufbahn.

          Aber wie gesagt, wenn einem das Beispiel nicht gefällt, gibt es ja genug andere bekannte Übersetzungsfehler – gerne und oft etwa bei den Simpsons.

          • Mit dem DU und SIE findet man genügend Fehler. In den Staffeln 1-4 von Prison Break duzen sich zwei Figuren. In der Fortsetzung, Staffel 5, reden sie sich plötzlich mit Sie an. Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich glaube, die beiden waren in den Staffeln 1-4 sogar zusammen im Bett…

  4. Es kann nicht sein, dass Bruce Willis, Dolph Lundgren, Kurt Russell oder Gérald Depardieu alle im Original gleiche Stimme und Aussprache haben. Oder noch schlimmer, Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone werden jahrelang von Thomas Danneberg synchronisiert, der übrigens auch mal Bruce Willis auch synchronisiert hat.
    Und beim Nicolas Böl ist es noch schlimmer.
    https://www.synchronkartei.de/person/d6xwnNuBZ/sprecher
    Manfred Lehmann und Nicolas Böl sind die besten Beispiele,
    warum ich persönlich auf KI Synchro warte und die Entwicklung für gut halte.

  5. Ich liebte unsere Synchros sehr. Ich bin früher oft mit meinem Bruder am TV gesessen und wir haben bei unbekannten Schauspielern bzw Werbespots immer versucht zu erraten zu welchem Star diese Stimme gehört. Sie waren vor 30 Jahren aber auch einfach markanter und exklusiver. Heute sind einzelne Stimmen ja auf mindestens 5 Netflix Serien und 3 Prime Serien sowie 5 aktuelle Kinofilme verteilt und die Schaupieler nach 2 Serien auch wieder vergessen und mit ihnen die feste Verknüpfung mit der Stimme. Der Pool von Stimmen mit Wiedererkennungswert ist einfach geschrumpft. Das liegt aber nicht nur an O-Ton Verfügbarkeit oder Fehlern bei einzelnen Wortübersetzungen (Die gab es damals auch schon im goldenen Zeitalter) sondern einfach auch daran, dass die eigene Branche diesen Bereich so gering wertschätzt und lieblos ausbeutet. Da ist zuerst der Blick hinzurichten. Wo werden denn noch bei Animationsfilmen professionelle Sprecher irgendwelchen Amateuren aus der Youtube Szene vorgezogen? Wie hätte man einen Klassiker wie König der Löwen heute synchronisiert? Er wäre wahrscheinlich eher mit Influencern vollgepackt. Wieviel Werbestars würden bei Blockbustern Hauptrollen als Schauspieler ergattern? Fast keiner, aber im Synchrobereich ist es Alltag. Das wertet diese Arbeit so ab und so sollte man froh sein das es professionelle Sprecher. immer sieht jeder Immersion bei Filmen nur über die Augen. Bildqualität ist das A und O. Doch auch Tonspuren und sehr gute Sprecher haben einen großen Anteil an einer sehr starken Immersion. Aber schon bei qualitativ hochwertigen Tonspuren wird der Rotstift angesetzt und ebenso unwichtig scheinen für die Branche die Sprecher zu sein und das tun mir auch sehr weh weil es ein beruhigendes Gefühl war mit vertrauten Stimmen in eine Geschichte einzutauchen. Randolf Kroneberg hat bei Shrek erst den Esel zur Legende gemacht und nicht Eddie Murphy. Er hat gar nicht so eine tolle Stimme in meinen Augen aber Kroneberg hat Eddie Murphy und alle Sprechrollen bei uns so unvergesslich gemacht. Bei Danneberg brauche ich da gar nicht anfangen mit den grausamen Arnie Akzent in den US Tonspuren. Wir brauchen erstmal wieder qualitativ hochwertige Sprecher und da muss die Branche auch mal was investieren ansonsten werden wir diese KI Youtube Synchros bald auch im Kino sehen und dann wird das auch dem Kino Zuschauer kosten und dann darf man sich auch sorgen machen wenn dieser fest geschnürrter Immersionsknoten aufgeht ob dann nicht das ganze Kinosystem irgendwann seine Bedeutung als guter Geschichtenerzähler dann ebenso verliert wie irgendwann die Hörspiele oder der Stummfilm und ein neuer Step wird die Immersion mehr und mehr ins Gaming verlegen. Aber es schmerzt was da passiert und wie die Branche krankt.

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