Kinoerfolg dank Raubkopien: Studie zeigt Für und Wider

Es ist kein Geheimnis, dass illegale Kopien von Filmen und Serien sich auf die Umsätze der Studios und Vertriebe auswirken können – ob positiv oder negativ, darüber streiten sich aber selbst Marktbeobachter häufig. Eine Studie liefert nun einen möglichen Fingerzeig.

Wie immer bei derartigen Studien, sind die Ergebnisse mit einer gewissen Skepsis zu betrachten, da unklar ist, wie stark sie sich verallgemeinern lassen und ob da wirklich ein Kausalität und nicht vielmehr nur eine Korrelation vorhanden ist. Jedenfalls wollte man nachträglich untersuchen, ob der Ausfall der bekannten Website The Pirate Bay Ende 2014 entsprechend die Einnahmen im Kino in die Höhe getrieben haben könnte.

Denn die Vertriebe argumentieren oft in einer Milchmädchenrechnung, dass jeder illegale Download oder Stream einem verpassten Ticketverkauf entspreche. Das ist aber natürlich pauschal falsch, denn nicht jeder, der sich einen Film herunterlädt oder streamt, wäre auch ins Kino gegangen. Umgekehrt hört man auch oft die Aussage, dass illegale Kopien den Effekt von Mund-zu-Mund-Propaganda hätten und viele animierten die angesehenen Filme zu empfehlen oder doch noch im Kino anzusehen, wenn die Begeisterung groß genug sei.

Ende 2014 war The Pirate Bay über einen Monat lang offline, was Forschern der University of Houston und der Western University die Chance gegeben hat, die Auswirkungen des Ausfalls auf die Box-Office-Einnahmen von Kinofilmen zu prüfen. Wie bereits erwähnt, sind die Ergebnisse aber mit Vorsicht zu genießen, da zahlreiche störende Variablen möglich sind und es sich um zufällige Korrelationen handeln könnte. Ob es also wirklich einen kausalen Zusammenhang zwischen dem temporären Wegfall von The Pirate Bay und den Einspielergebnissen von Kinofilmen gibt, ist offen.

Studie gibt im Grunde beiden Seiten recht

Shijie Lu, ein Professor für Marketing an der nordamerikanischen University of Houston, erklärt, dass im Grunde sowohl diejenigen recht haben, die Raubkopien einen negativen Effekt nachsagen als auch jene, die von Mund-zu-Mund-Propaganda sprechen. Sickern Kinofilme noch vor der Premiere bzw. einer breiteren Veröffentlichung online durch, so wirke sich das laut Lu bzw. der Studie in negativ auf die Einspielergebnisse aus. Hier behalten die Filmstudios also offenbar mit ihrer Argumentation recht. Man spricht in der Studie von durchschnittlichen Umsatzeinbrüchen von ca. 11 %. Dabei spielt keine Rolle, ob der jeweilige Film eher heruntergeladen oder gestreamt wurde.

Anders sehe es aber aus, wenn illegale Kopien vorwiegend erst nach der Veröffentlichung des jeweiligen Films auftauchen. Hier könne es durchaus den Effekt der Mund-zu-Mund-Propaganda geben. Denn im Rahmen der Studie konnte man dadurch Umsatzsteigerungen um bis zu 3 % nachweisen. Der positive Effekt sei dabei am stärksten kurz nach der Premiere und wirke sich stärker auf Action-Filme, Komödien und Thriller aus als auf Genres wie Drama. Das ergibt Sinn, da speziell Action-Blockbuster auf einer großen Leinwand nochmals bombastischer wirken.

Die Wissenschaftler postulieren als Gesamtergebnis, dass illegale Kopien insgesamt größere negative als positive Effekte zeigen. Es sei aber aus Sicht der Rechteinhaber als Folge der Ergebnisse am sinnvollsten den Kampf gegen die Piraterie vor allem auf frühe Leaks zu fokussieren. Damit könne man aus wirtschaftlicher Sicht die größten Erfolge verbuchen.

André Westphal
André Westphal
Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller.
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8 Kommentare
  1. Meiner Erfahrung nach können Raubkopien bei Fans eines Genres wie z. B. Science Fiction den Effekt haben, dass diese sich etwas kaufen, was sie sich sonst nicht gekauft hätten.
    Bei den meisten Leuten, die keine Fans sind, führt es aber eher dazu, dass sie sich nur die Raubkopie ansehen und kein Geld dafür ausgeben, besonders wenn sie sich nicht leidenschaftlich dafür interessieren, sondern nur „mitreden“ wollen. Hier richten die Raubkopien eher Schaden an.
    Da Letzteres aber deutlich häufiger vorkommt, da die meisten Menschen nicht wirklich Fans von Filmen oder Serien sind, bin ich mir sicher, dass der Schaden überwiegt, auch wenn natürlich nicht jede Raubkopie zu tatsächlichen Verlusten führt.

  2. Beispiel aus einer anderen Branche:

    Hätte sich der heutige Windows-PC (als IBM-PC auf die Welt gekommen) wirklich so weit durchgesetzt, wenn der nicht von anderen Herstellern als die IBM einfach nachgebaut worden wäre ?

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