Im Kino war Renfield sicherlich nicht so prominent vertreten, wie andere Filme. Der Test der 4K UHD Blu-ray von Renfield zeigt, dass man sich dieses Juwel zumindest ins Heimkino holen sollte!
Inhalt (75%)
Nicolas Cages Karriere der letzten 20 Jahre war … sagen wir es vorsichtig: wechselhaft. Aufgrund von finanziellen Notlagen nahm er bisweilen Jobs in billigen und noch billigeren Filmen an. Es dauerte nicht lange und seine ehemaligen Fans begannen, ihn die Reihe der Travoltas und Seagals abzuschieben. Doch damit täte man ihm Unrecht. Denn während ein Steven Seagal maximal lustlos agierte und ein Travolta nicht selten maximal unter bewusstseinserweiternden Mitteln zu stehen schien, während er Trashfiguren verkörperte, war Cage irgendwie anders.
Selbst bei den dümmsten Filmen hatte man immer das Gefühl, der verdiente Neffe von Francis Ford Coppola würde mit Inbrunst und Leidenschaft schauspielern. Und so kam es, dass zwischen diesen ganz B-, C- und Z-Movies ein paar echte Highlights zu finden waren. Cage brillierte in packenden Charakterrollen in Joe – Die Rache ist sein oder zuletzt in Pig. Dazu kamen ein paar Filme, in denen er sein eigenes Teilzeitimage genüsslich aufs Korn nahm. Nun darf er alles aufs Korn nehmen, das Blut in seinen Adern hat (sorry für den etwas lahmen Wortwitz). Als blutsaugender Vampir tut er endlich das, was er nach eigener Aussage wusste, dass er das eines Tages würde tun müssen. Als Herausforderung sozusagen. Ihm ging es darum, ob er der Figur, der so herausragende Schauspieler wie Bela Lugosi, Christopher Lee oder Gary Oldman ihren Stempel aufgedrückt hatten, noch weitere Aspekte würde hinzufügen können.
Dass Renfield überhaupt produziert wurde, ist ein kleineres Wunder, denn nach dem monetären Desaster von Tom Cruise‘ Die Mumie, stand es um das damals schon angedachte Projekt alles andere als gut. Obwohl es jetzt doch noch anders kam, ist es fraglich, ob bei Ren noch einmal weitergemacht wird. Denn mit einem weltweiten Einspiel von ca. 27 Mio. Dollar bei einem Budget von 65 Mio. Dollar ist auch dieser neuerliche Ausflug in die Universal-Monster-Welt alles andere als ein Erfolg. Und das ist bedauerlich. Denn über weite Strecken macht Renfield einen riesigen Spaß.
Die erste halbe Stunde ist so flott inszeniert, dass man nicht merkt, wie die Zeit vergeht. Dass Hoults Charakter den Film aus dem Off mit mal lakonischen, mal deprimierenden Bemerkungen kommentiert, trägt ebenso zum Gelingen bei wie die wirklich toll umgesetzten Fights. Letzteres vor allem und gerade deshalb, weil sie roh und „unfertig“ wirken. Renfield ist eben kein Martial-Arts-Fighter, sondern ein Normale, der nach dem Genuss einiger Insekten Superkräfte bekommt. Und genauso stellen sich die Kämpfe dar. Unbeholfen, dafür aber kreativ. In jedem Fall spaßig zu schauen. Inhaltlich reflektiert der Film das Thema einer toxischen Beziehung zwischen Chef und seinem Mitarbeiter.
Und so beginnt es schon mit einer Selbsthilfegruppe für vergiftete Partnerschaften, in der die Schilderungen der bemitleidenswerten Mitglieder natürlich allesamt auch auf Renfield und seinen Boss zutreffen. Immer wieder bekommt Dracula ihn mit seinen Reden rum. Das kann man im ersten unreflektierten Moment als Verharmlosung toxischer und/oder gewalttätiger Beziehungen kritisieren, doch Renfield hat seine ganz eigene Lösungsstrategie, um die geschundenen Seelen der Selbsthilfegruppe-Mitglieder zu heilen. Ein Weg, der gleichzeitig dazu dient, der Hauptfigur ein wenig Absolution zu erteilen. Denn er ist (im Auftrag seines Chefs) zunächst nichts anderes als ein Serienkiller. Er tötet Menschen, um sie Dracula als Opfer zu bringen.
Das hinterlässt bei Renfield Spuren und Schuldgefühle. Und wenn man sich derer entledigen kann, indem man die Vergewaltiger, Schläger und Psychoterroristen dieser Welt beseitigt, ist das eine Win-win-Situation. Und funktionieren tut das, weil Nicholas Hoult seit Warm Bodies die perfekte Besetzung für derart ambivalente Figuren ist. Sein Schauspiel bringt stets eine verletzliche und bemitleidenswerte Note mit, die er zudem mit augenzwinkerndem Witz garniert. Als Zuschauer identifiziert man sich mit ihm, obwohl er üble Dinge tut. Wenn er voller Bewunderung zuschaut, wie Rebecca dem übelsten Schurken der Stadt die Stirn bietet, sieht man in seinen Augen, wie gerne er sich aus der Beziehung zu Dracula lösen würde. Und dieser Dracula wird von Nicolas Cage mit großem Spaß an der Freude porträtiert. Geht in der ersten halben Stunde vornehmlich Bedrohung von seiner Figur aus, beginnt er nach einer Dreiviertelstunde mit entsprechender Mimik und Gestik eine Art unterschwellig Komik zu integrieren, die schlicht großartig ist. Seine Reaktion auf Renfields Opfergabe-Ausflüchte ist geradezu grandios witzig. Ebenso viel Spaß hat er aber ganz offensichtlich an den blutrünstigen Szenen, die erstaunlich blutig geraten sind. Wenn er in Renfields Selbsthilfegruppe eine anständige Vampir-Mahlzeit einnimmt, werden auch Gorefans glücklich.
Bildqualität (90%)
Renfield wurde mit der Panavision Millennium DXL2 aufgezeichnet und ist auf der Eingangsseite damit ein nativer 8K-Film. Ausgehend davon wurde ein 4K-DI erstellt, das als Basis für die Kino- und auch für diese Heimkinofassung diente. Die UHD Blu-ray kommt zudem mit HDR10 und Dolby Vision als HDR-Grading, mit einem im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum. Im direkten Vergleich mit der Blu-ray ist die HDR-Scheibe etwas dunkler eingepegelt, wird aber niemals zu dunkel oder lässt gar Details im Schwarz versumpfen.
Dafür gelingen helle Bereiche klar besser durchzeichnet. Nimmt man den weißen Turm auf dem Gebäude bei 71’04, so überstrahlt dieser über die Blu-ray. Die HDR-Scheibe bildet ihn komplett ab und zeigt auch noch die horizontal verlaufenden Linien unterhalb der Spitze. Durchaus mehr Punch liefern die Spitzlichter, die aus Kerzenschein oder anderen punktuellen Lichtquellen bestehen. Schön zu erkennen auch beim rot glimmenden Dracula bei 5’06, dessen glühend-verkohlter Korpus in den roten Spitzlichtern eindrucksvoller vor sich hin glüht. Auch die Nachtansicht der Stadt bei 41’47 ist prägnant. Man kann die Scheinwerfer der Fahrzeuge deutlich besser differenzieren, die Lichter haben mehr Strahlkraft und die Rückleuchten sind roter. Den Marriot-Schriftzug im Hintergrund kann man über die Blu-ray kaum lesen, zumal er eher rosafarben erscheint. Die Farben sind auch Draculas Höhle (Kapitel vier) kräftiger. Das Rot kommt satter und das Grün ist ebenfalls knackiger. Allerdings geht der grüne Schein auf den neutral grauen Oberflächen etwas verloren. Hier bleibt die UHD-Disk etwas neutraler und nicht ganz so grünlich eingefärbt.
In puncto Auflösung erkennt man, dass die 4K-Disk eine 8K-Basis und ein 4K-DI hat. Denn bei den Kabeln oberhalb von der Laterne nach 34’44 kann man bis zum Verbindungsknoten noch erkennen, dass oberhalb zwei Kabel zusammenlaufen und es insgesamt fünf Kabel sind. Über die Blu-ray erkennt man auf Höhe des Verbindungsknotens nur drei Kabel. Die anderen beiden verschwimmen im Gesamtstrang. Auch die bronzefarbenen Spitzen auf dem blauen Zaun unten in der Mitte sind dreidimensionaler und plastischer als über die Blu-ray. Allerdings scheint hier in der Postproduktion des Films an sich auch noch stärker mit Filterungen gearbeitet worden zu sein.
Denn trotz des nativen 4K-Masters ist der Detailgrad zwar sichtbar, aber nicht exorbitant höher als bei der Blu-ray. Beim Encoding schlägt die HDR-Disk die bereits bessere Turbine-Blu-ray noch einmal. Sie zeigt das Rauschen in den nebligen Szenen bei schrägem Lichteinfall nach fünf Minuten noch sauberer und gleichmäßiger.
Tonqualität (85%)
Die Blu-ray von Universal bot „lediglich“ eine DTS-HD-High-Resolution-Spur in 7.1-Abmischung fürs Deutsche und eine 7.1 DTS-HD-Master-Fassung für den O-Ton. Die Turbine Disk liefert nun Dolby Atmos für beide Sprachen. Die DTS-HD-HR-/MA-Versionen der Blu-ray unterschieden sich dadurch, dass die deutsche Synchro trotz stärker Komprimierung insgesamt dynamischer und offener klang als die englische Fassung. Und so ist es jetzt auch bei der Atmos-Abmischung von Renfield. Auch hier ist die Synchro fetter, satter und dynamischer.
Und sie ist noch einmal hör- und spürbar wuchtiger als die High-Resolution-Variante der Universal-Scheibe. Die anfängliche Actionszene ist nach etwas über vier Minuten fast schon auf Referenzniveau dynamisch und macht einen höllischen Spaß. Gleiches gilt für alle lauteren und actionreicheren Szenen, aber auch für die leiseren Momente, die sehr atmosphärisch integriert werden. Akustisch die neue Blu-ray der alten damit wirklich deutlich überlegen. Auch die Dialoge haben noch etwas mehr Kraft und wir sind ja bislang nicht bei der Integration des 3D-Sounds. Hören wir uns „da oben“ um, so beginnt es mit einem kurzen Donnergeräusch nach etwas über zwei Minuten und Wusch-Sounds, während Renfield seine Insekten isst.
Der Energiekreis, der Dracula bei 3’20 festhält, zischelt wunderbar von oben und zwei Minuten später gibt’s erneut einen zünftigen Gewitter-Donner. Die Musik wird außerdem immer mal wieder dynamisch dazugenommen, wenn es dramatisch wird. Bei Minute 13 gibt’s dann ein gruseliges Raunen und ein paar Vogelgeräusche. Innerhalb der Dracula-Cave tropft es zudem atmosphärisch von den Decken. Nach 20 Minuten hört man das Geklimper der Ketten und kurz darauf zirpende Zikaden. Als Nächstes folgen Schüsse in der Decke nach 23’30 und 23’40, die den Putz herunter bröckeln lassen. Noch dynamischer sind die abgefeuerten Salven nach 25’40.
Während der Auftritte von Dracula gibt es immer wieder Wusch-Sounds, die seine schnellen Bewegungen akustisch unterstützen. Bei 55’20 hört man in der Ferne einen Helikopter und Renfields Sprung in die Tiefe nach 65 Minuten wird ebenfalls von 3D-Sounds begleitet. Die Kampfsequenz zwischen den Miet-Apartments hätte allerdings vereinzelt noch mehr 3D Soundeffekte liefern können. Immer mal wieder scheint man Fledermäuse über die Heights flattern zu hören, wie bspw. nach 76 Minuten. Nach 78’50 tun sie das dann sehr effektvoll und im Hochtonbereich ziemlich dynamisch. Das gilt auch für das Knallen kurz darauf. Allerdings hätte es auch im Finale noch ein wenig mehr an Informationen auf den Höhenspeakern geben dürfen. Was indes stets am Start ist, sind Anteile des Filmscores, die dort oben für mehr Rundumatmosphäre sorgen.
- Deutsch: Dolby Atmos (90%) 2D-Betrachtung
- Deutsch: Dolby Atmos (65%) 3D-Betrachtung (Quantität)
- Deutsch: Dolby Atmos (80%) 3D-Betrachtung (Qualität)
- Englisch: Dolby Atmos (80%) 2D-Betrachtung
- Englisch: Dolby Atmos (65%) 3D-Betrachtung (Quantität)
- Englisch: Dolby Atmos (80%) 3D-Betrachtung (Qualität)
Bonus (70%)
Das Bonusmaterial von Renfield ist identisch zu dem der Universal Blu-ray. Es enthält zunächst den Audiokommentar, der von Produzentin Samantha Nisenboim, Drehbuchautor Ryan Ridles und Crewmitgliedern gehalten wurde. Dazu gibt’s insgesamt acht entfernte und erweiterte Szenen sowie einige alternative Takes mit Improvisationen der Darsteller. Insgesamt sechs Featurettes warten zudem auf den Käufer der Blu-ray. „Dracula befreit“ kümmert sich vor allem um Cages Interpretation der ikonischen Rolle „Monster und Menschen: Hinter den Kulissen von „Renfield“ läuft etwas länger und kümmert sich neben den Figuren auch um die Drehorte und Kostüme. „Die Stufen der Verjüngung“ zeigt dann die Verwandlung vom völlig degenerierten Dracula zum scheinbaren Edelmann, den man kennt.
„Fleisch und Blut“ nimmt dann die Blut- und Goreeffekte auseinander, die gallonenweise Flüssigkeit verbrauchten und größtenteils praktisch erledigt wurden. „Unlautere Maßnahmen“ gibt Einblicke in die Choreografie der Stunt- und Kampfszenen und „Das Making-of einer unveröffentlichten Szene: Renfields Tanz!“ wirft einen Blick hinter die Realisierung einer erstaunlich aufwendigen Musical-Szene, die es leider nicht in den Film geschafft hat.
Testfazit Renfield 4K Blu-ray (82%)
Renfield ist angenehm kurz und ebenso kurzweilig. Die Neuinterpretation des Dracula-Mythos funktioniert auf mehreren Ebenen ziemlich gut und kombiniert Action, Grusel und Komik zu einem gelungenen Ganzen. Auch wenn der Verlauf der Geschichte konventionell und vorhersehbar ist, weiß die Idee mit der toxischen Beziehung zu gefallen. Und die Darsteller sind allesamt klasse. Selbst Awkwafina nervt dieses Mal nicht, wie sie es noch in Shang-Chi tat. Schade, dass dem Film im Kino nicht mehr Erfolg beschieden war. Diesen Dracula und diesen Renfield hätte man gerne noch öfter gesehen.
Technisch gesehen schlägt bereits die von Turbine encodierte Blu-ray jene von Universal – und das sowohl im Bild als auch im Ton, der nun in dynamischem Atmos vorliegt. Noch besser macht’s die UHD Blu-ray, die noch mal sattere Kontraste, eine sichtbar höhere Auflösung und etwas kräftigere Farben liefert. Der Atmos-Sound hätte gelegentlich noch etwas aktiver sein dürfen, da es optisch Möglichkeiten gegeben hätte. Wenn aber etwas von oben kommt, ergibt es Sinn. Schön, dass die deutsche Atmos-Fassung noch einmal dynamischer ist als der „alte“ DTS-HD-High-Resolution-Sound der Universal-Scheibe und nun richtig Gas gibt.
Technische Details & Ausstattung:
Erscheinungstermin: | 30. November 2023 | Review am: | 02. Dezember 2023 |
Erscheinungsjahr Film: | 2023 | Laufzeit: | 94 Minuten |
Filmstudio: | Turbine Medien | FSK: | ab 16 Jahre |
Auflösung / Bildfrequenz: |
2160p @ 24p | Untertitel: |
Deutsch, Englisch |
Bildformat: |
2.39:1 / 16:9 | Tonspur: |
Deutsch Dolby Atmos Englisch Dolby Atmos |
High Dynamic Range: |
HDR 10 & Dolby Vision | Ausstattung: |
4K Blu-ray HD Blu-ray |
Testgerät TV: | LG 4K OLED TV | Testgerät Player: | Panasonic UB9004 |