Test: John Wick: Kapitel 4 auf 4K UHD Blu-ray: Höhepunkt des einsamen Killers

Willkommen zurück, Mr. Wick. Entweder liebt man das John Wick-Franchise, oder man kann eben damit nichts anfangen. Wir testen für euch „John Wick: Kapitel 4“ auf 4K UHD Blu-ray und sagen euch, ob sich das Action-Spektakel lohnt!

Inhalt (70%)

Wut, Schuld und Überleben – unter diesen drei Überschriften könnte man die drei ersten Filme des John-Wick-Franchises stellen. Dreimal steht mit dem gleichnamigen Titelhelden ein Keanu Reeves vor der Kamera, der all jene Lügen strafte, die ihn nach der Matrix-Trilogie nur noch in seichten B-Movies sahen. Intensives monatelanges Training vor den Beginn der Dreharbeiten gestellt, zeigte sich der sympathische (und im Feld der Hollywood Größen auch menschlich herausragende) Mime in bester Form, um die teils unglaublich inszenierten Actionchoreografien zu absolvieren.

John Wick ließ die wahrlich nicht schlechten Fights aus 96 Hours alt aussehen, was in den Fortsetzungen allerdings auch mehr und mehr zum Selbstzweck verkam, um die herum eine Quasi-Geschichte geschrieben wurde. Begann es mit einer herausragenden emotionalen Bindung an den Protagonisten im ersten Teil, wurde das JW-Universum in den beiden Sequels immer größer und weltumspannender. Das sorgte natürlich für exotische Schauplätze und ein paar spannende Nebenfiguren, wirkte bisweilen aber auch redundant und überlang. Überlänge ist ein gutes Stichwort, denn John Wick 4 läuft 170! Minuten. Das sind fast drei Stunden und eine Laufzeit, die ansonsten epischem Fantasy oder aber Abschlussfilmen des MCU zuteilwurden. Wir haben es aber mit einem Actionfilm zu tun. Mithin dem Genre, das neben dem Horrorfilm und der Komödie in aller Regel mit der kürzesten Laufzeit auskommt.

Abschied mit schwerem Herzen

Für Fans der Filme ist das natürlich erst einmal ein Grund zur Freude, denn das bedeutet natürlich gleichzeitig mehr Zeit für absurd choreografierte Kämpfe und visuelle Mätzchen. Und davon bietet John Wick 4 in der Tat reichlich. Schon allein der erste groß angelegte Fight in Osaka nimmt sich in Summe fast 30 Minuten. So kommt man dann auch auf insgesamt fast drei Stunden Filmlänge.

Trotz Donnie Yen, der den blinden Kämpfer überzeugend mimt, kann man gewisse Ermüdungserscheinungen in den Actionszenen aber nicht verleugnen. Natürlich ist das immer noch rasant, gut geschnitten und schön choreografiert, aber die wirklich innovativen Ideen fehlen zunächst und sie halten auch ein paar ungelenke und nicht so perfekt wie bisher vollzogene Aktionen bereit. Inhaltlich sind es zudem schon arg viele Bedingungen, die plötzlich wie ein weißer Hase aus dem Hut gezogen werden, um die Geschichte voranzutreiben und doch wieder eine Möglichkeit für die Helden der Geschichte finden, sich zu rehabilitieren. Wirft man dem Film hier vor, dass er diese Winkelzüge nur benötigt, um sich von einer Actionszene zur nächsten zu hangeln, dann kann man das nicht grundsätzlich von der Hand weisen.

Dafür gibt es nach wie vor coole Spielereien. Unter anderem jene mit eingeblendeten Schriften, die schon ein kleines Markenzeichen der Reihe geworden sind. Wenn Caine die Blindenschrift seines Auftrags berührt und sich dabei für den Zuschauer lesbar aufblättert, was dort eingeprägt ist, gehört das zu den netten Einfällen des Films. Dazu gibt es ein paar ruhigere Momente, in denen Dialoge dominieren und ein bisschen philosophische Tiefe angehaucht wird. Das tut dem ansonsten hoch gepaceten Film gut und ist auch gar nicht mal allzu peinlich oder pathetisch.

In den Actionszenen geht’s reichlich dynamisch zu
Darstellerisch gibt’s zum einen Business as usual, wenn Keanu Reeves seinen Wick stoisch wie immer gibt, zum anderen darf ein Ian McShane mal etwas aus der Reserve kommen, wenn auch er Vergeltungsgedanken hegt. Eine charmante Ergänzung ist Shamier Anderson als „Tracker“, während eine ganz bestimmte Figur so gar nicht funktionieren will: Man kann aus einem nichtssagenden Babyface einen Soziopathen machen, vor dem man ernsthaft zurückschreckt und eingeschüchtert ist oder es geht furchtbar daneben.
Bill Skarsgård mag ein ganz passabler Pennywise gewesen sein, mit all der Schminke und dem künstlichen Gebiss. Als Marquis bleibt er leichenblass und ein maximal unterbelichteter Gegenspieler. Warum er diese Macht- und Respektsposition hat; warum alle vor ihm eingeschüchtert sind – die Erklärung dazu bleibt John Wick: Kapitel 4 schuldig. Eine tolle Ergänzung ist Clancy Brown, der im Alter immer mehr Profil entwickelt und hier als „Schiedsrichter“ eine unheimliche Souveränität ausstrahlt.
Final bringt uns das zu Lance Reddick, dem sympathischen Mimen, der mich schon in Bosch begeistern konnte. Die Nachricht von seinem Tod hat mich persönlich ziemlich mitgenommen und spätestens nach 13 Minuten Filmlaufzeit hat man hier einen ziemlich dicken Kloß im Hals. Was im vierten Teil noch mehr als sonst herausragt, ist die atmosphärische Stimmung. Kameraführung und Beleuchtung sind exzellent. Sie heben den Actioner deutlich aus dem Einerlei vergleichbarer Genrevertreter hervor, was auch dadurch unterstützt wird, dass die Filmmusik passend gewählt wurde und auch mal in coole Elektronikgefilde wechselt (67’40).
John Wick: Kapitel 4 (4K Ultra HD) (+ Blu-ray)
  • UHD
  • Keanu Reeves, Bill Skarsgård, Laurence Fishburne (Schauspieler)
  • Chad Stahelski (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 18 Jahren

Bildqualität (90%)

John Wick 4 wurde komplett digital gefilmt. Zum Einsatz kamen die ARRI Alexa LF und die Alexa Mini LF. Vom vorhandenen Material in 4.5K-Auflösung wurde ein 4K-DI gezogen, was die Scheibe zur nativen 4K-Disk werden lässt. Obendrauf gibt’s noch HDR10 und Dolby Vision sowie einen im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum. Da Leonine-Titel in den vergangenen Jahren nicht selten sehr dunkel und manchmal auch fehlerhaft gemastert waren, hier zunächst die Entwarnung.

Die Leonine Disk weist keine offensichtlichen Fehler auf und ist mit der US-Disk identisch. Sie ist zwar dunkler gemastert worden, dabei aber nie zu dunkel oder gar mit Versumpfungen kämpfend. Wenn man sich die Scheibe mit der Blu-ray verglichen anschaut, spielt die UHD Blu-ray natürlich ihre Speichergrößenvorteile sowie die höhere Farbtiefe voll aus. Denn die Artefakte, die man über die Blu-ray nicht nur bei Minute 7’40 zu sehen bekommt, sind der 4K-Disk fern.

Die Bilddynamik bringt die UHD Blu-ray besser zur Geltung

Die Auflösung im einfallenden Licht ist perfekt, fängt das leichte Digitalrauschen korrekt ein und bleibt völlig frei von Artefakten. Die etwas weiche bis fast wachsige Optik der Gesichter weicht einem wesentlich plastischeren Look, der wesentlich dreidimensionaler erscheint als über die Full-HD-Scheibe. Schwarzwerte kommen viel knackiger rüber und intensivieren die Kontraste maßgeblich. Wunderbar sind auch die Sonnenaufgänge zu Beginn, die Paris viel eindrucksvoller abbilden und in den Spitzlichtern echte Highlights setzen. Und wo wir gerade beim Eifelturm sind: Dessen feine Details werden sichtbar besser aufgelöst dargestellt und man erkennt schlicht mehr von den Streben und Bauwerkseinzelheiten. Auch Close-ups sehen besser aus und zeigen mehr Falten und Details in den Gesichtern.

Sämtliche Gesichter erscheinen plastischer und dreidimensionaler. Farben sind durchweg kräftiger, was man vor allem bei den Neontönen erkennt, die in der U-Bahn-Station von der Kamera eingefangen werden. Das leichte Digitalrauschen wird außerdem wesentlich homogener eingefangen, was gegenüber der Blu-ray ein weiterer sichtbarer Vorteil ist.

John Wick: Kapitel 4 (4K Ultra HD) (+ Blu-ray)
  • UHD
  • Keanu Reeves, Bill Skarsgård, Laurence Fishburne (Schauspieler)
  • Chad Stahelski (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 18 Jahren

Tonqualität (90%)

Vorbildlich (und bei Anbieter Leonine wahrlich nicht oft der Fall): Schon die Blu-ray liefert Dolby Atmos für beide! Sprachfassungen. Zuletzt lizenzierte Leonine oft die US-Tonspur nicht in Atmos. Welche der beiden Sprachen man auch wählt, sie pumpen ordentlich. Erste Dynamik setzt es beim Getrampel der Pferde nach dreieinhalb Minuten, das von einzelnen Schüssen unterbrochen wird, die wirklich fetzig rüberkommen.

Hört man derartige Tonspuren, weiß man erst einmal, was möglich ist und was bei so vielen Marvel-Titeln der letzten Jahre versaubeutelt wurde. Auch die Fights kommen mit Wucht und teils pfurztrockenen Schlägen rüber, die von entsprechenden Querschlägern ergänzt werden. Die Surrounds werden aktiv einbezogen und der Subwoofer bekommt immer wieder ordentlich zu tun. Beispielsweise auch dann, wenn der Score pumpt (73’57). Stimmen gehen im Actiongewirr dabei nicht unter, sondern sind in aller Regel wirklich gut verständlich.

Neues Gesicht im Franchise: Donnie Yen

Hören wir uns auf der Höhen-Ebene um, so gibt es den ersten deutliche(re)n Effekt während der flatternden Fahnen nach sechs Minuten, die hübsch und hörbar umher wehen. Nach 29’32 gibt’s dann wie aus dem Nichts einen zischenden Pfeil. Darauf folgt atmosphärisches Widerhallen der Schüsse, mit ein paar dedizierten Querschlägern und metallischen Geräuschen. Das wird noch mal intensiver, sobald John auf dem Dach des Hauses nach 32 Minuten eingreift. Das Schöne an den Sounds: Sie stechen heraus und sind exakt/bewusst gesetzt. Kein simples Hochmischen der kompletten Atmosphäre, sondern griffige Geräusche, die das Geschehen wunderbar ergänzen und erlebbarer werden lassen, ohne zu viel zu tun oder es zu übertreiben.

Das macht schon richtig Spaß, wenn man den Weg der Kugeln durch den Raum vom Abfeuern übers Zischen bis zum Einschlag an einer Säule oder ähnlichem nachverfolgen kann. Die Elektroschwankungsgeräusche in der U-Bahn nach 57 Minuten klingen zwar etwas ungewöhnlich, werden aber physisch korrekt ebenfalls auf die Heights gelegt. Klasse ist das permanente Knarzen und Knacksen während der Hinrichtungsszene nach etwas über 70 Minuten, bei dem man den eigenen Nacken unweigerlich anspannt, während man sich in derselben Situation wähnt. Schüsse nach etwas über 80 und wasserfallartige Sound nach etwas über 82 Minuten sind die nächsten 3D-Sounds eines Films, der stets Akzente auf die Heights setzt, ohne diese dauerhaft „zuzumüllen“.

  • Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (90%) 2D-Betrachtung
  • Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (70%) 3D-Betrachtung (Quantität)
  • Deutsch/Englisch: Dolby Atmos (85%) 3D-Betrachtung (Qualität)

Bonus (70%)

Das Bonusmaterial besteht aus insgesamt elf Featurettes, die sowohl auf der Blu-ray als auch auf der UHD Blu-ray zu finden sind. In mehr oder weniger kurzen (zwischen drei und 20 Minuten) Beiträgen bekommt man die Beziehung zwischen Regisseur und Hauptdarsteller oder auch die Darstellung der physischen Vorbereitungen für den Film aufgedröselt. Natürlich gibt’s auch ein längeres Feature zu Donny Yen, der hier als blinder Killer auftritt und eine asiatische Legende ist. Auch eine aufwändige One-Shot-Sequenz wird analysiert und die Autostunt-Szene bekommt mit zehn Minuten eine ausführlichere Beschreibung. Ungewöhnlich für Leonine: Das Bonusmaterial liefert deutsche Untertitel.

Gesamtbewertung John Wick: Kapitel 4 (83%)

John Wick: Kapitel 4 (4K Ultra HD) (+ Blu-ray)
  • UHD
  • Keanu Reeves, Bill Skarsgård, Laurence Fishburne (Schauspieler)
  • Chad Stahelski (Regisseur)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 18 Jahren

John Wick 4 dehnt das Mögliche des Actionfilms auf ein episches Maß, was nicht immer ausschließlich geglückt ist. Ein bisschen Straffung hier und da, etwas weniger Haudrauf und Schlagsichtot hätten zu weniger Ermüdungserscheinungen geführt, die hier durchaus mal einsetzen. Atmosphärisch ist der vierte Teil allerdings obenauf und es wurde wirklich mal Zeit, dass ein Film den Kreisverkehr rund um den Triumphbogen als Action-Setpiece nutzt – sicherlich mit die spektakulärste Szene des Films. Audiovisuell ist die UHD Blu-ray der Blu-ray überlegen, weil sie Artefakte vermeidet, die über die Full-HD-Scheibe deutlich sichtbar sind. Der Atmos-Sound kann zudem überzeugen und Leonine hat hier gut abgeliefert.

Weitere 4K Blu-ray Tests:

Technische Details & Ausstattung:

Erscheinungstermin: 15. September 2023 Review am: 21. Oktober 2023
Erscheinungsjahr Film: 2023 Laufzeit: 170 Minuten
Filmstudio: Leonine Distribution FSK: ab 18 Jahre
Auflösung / Bildfrequenz:
2160p @ 24p Untertitel:
Deutsch
Bildformat:
2,39:1 Tonspur:
Deutsch Dolby Atmos
Englisch Dolby Atmos
High Dynamic Range:
HDR 10, Dolby Vision Ausstattung:
4K Blu-ray
HD Blu-ray

John Wick Kapitel 4 Trailer:

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Timo Wolters
Timo Wolters
Der echte Filmfan bleibt im Heimkino: Das Bild ist besser, der Sound unmittelbarer und die Sitznachbarn angenehmer - Timo rezensiert seit 2002 mit Leidenschaft (fast) durch alle Genres. Aktuelle Rezensionen findest du auf blu-ray-rezensionen.net
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5 Kommentare
  1. Der Film war viel, viel, viiiiiel zu lang, die „animierten“ Actionsequenzen einerseits witzig, andererseits aber schlecht gemacht, denn teilweise wirkte das wie Mario World. Technisch fand ich die Beleuchtung in Kapitel 4 total daneben, teilweise habe ich mich gefragt, ob das Dolby Vision von meinem Fernseher nicht richtig ausgewertet wird, aber nein, das war offenbar so gewollt.

    Der Gipfel des Blödsinns war aber hier eine „epische“ Geschichte zu erzählen, was in den früheren Filmen ja eher eine kleine lästige Nebensache war. Und diese Geschichte war mehr als hanebüchen! Dann doch bitte eine reine Haudrauforgie in MTV-Manier.

    Insgesamt habe ich aufgeatmet, als das „Drama“ ENDLICH vorüber war. So langweilig war „John Wick“ davor noch nie gewesen! Den potenziellen fünften Teil, der erst angekündigt, dann abgesagt und nun wohl doch schon gedreht wird oder wurde, werde ich mir dann eher nicht mehr ansehen. Was soll da jetzt noch kommen? John Wicks Geist, der wieder mal auf Rache aus ist oder Bobby Ewing, der unter der Dusche alles nur geträumt hat? Nope!

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